Marokko (Nord): Programm der Reise

vom 20. bis 31. Mai 2018

Die Insel des Sidi Abderrahman im Atlantik vor Casablanca Bild: Dagmar Lemke

1. Tag

Gegen Mittag Abflug von Frankfurt/M, Berlin oder Düsseldorf mit Air France über Paris nach Casablanca. Am Nachmittag beziehen wir die Zimmer im Hotel Maamoura.

Zur Orientierung bietet sich zunächst ein Spaziergang in der Umgebung des Hotels an. Es liegt im ehemaligen modernen Zentrum der Stadt. Die französische Kolonialverwaltung baute es ab 1925 als Wohn- und Geschäftsviertel für die Europäer, direkt gegenüber der Altstadt, der „Medina“. Viele bekannte europäische Architekten jener Zeit konnten ihre Ideen hier verwirklichen.

Heute ist dieses Viertel längst nicht mehr das zentrale Geschäftszentrum. Doch die Häuser aus den 20er bis 40er Jahren des letzten Jahrhunderts – viele im Art-Deco-Stil, andere im Bauhaus-Stil – sind trotz ihres sichtbaren Verfalls ein architekturhistorisch einmaliges Ensemble, dessen Bedeutung in den letzten Jahren zunehmend anerkannt wird.

Beim Abendessen in einem Restaurant mit marokkanischer Küche und Blick auf den Atlantik werden wir das Programm der nächsten Tage besprechen.

Gebäude aus den 40er Jahren im ehem. französischen Zentrum Casablancas Bild: Dagmar Lemke

2. Tag

Wir beginnen mit einer Rundfahrt durch die moderne Metropole Casablanca und lernen dabei drei recht unterschiedliche Aspekte des Islams kennen: zunächst besichtigen wir die große Moschee Hassan II; sie ist halb über dem Atlantik gebaut, mit neuester Technik und zugleich ein Meisterwerk der wieder belebten traditionellen Handwerkskünste.

Danach mischen wir uns unter die Jogger und Spaziergänger auf der über 10 Kilometer langen Uferstraße. Einen Stopp machen wir bei der Stiftung des „Roi Abdul-Aziz Al Saoud pour les Etudes Islamiques et les Sciences Humaines“. Sie unterhält die größte Bibliothek Nordafrikas zur modernen Islam-Wissenschaft und spielt eine wichtige Rolle für die inner-marokkanische Diskussion um einen aufgeklärten Islam.

Hinter dem Vergnügungsviertel Ain Diab mit seinen Nachtbars, Cafés und Restaurants liegt vor der Küste eine kleine Insel mit dem Grabmal des Sidi Abderrahman. Beim Besuch der Insel erleben Sie einen zentralen Aspekt des lebendigen Volksislams: die Verehrung von „Heiligen“, Männern und auch einige Frauen, denen „Baraka“, Wunder- bzw. Heilkraft zugesprochen wird. Zu Sidi Abderrahman kommen vor allem Frauen, deren Kinderwunsch nicht erfüllt wird.

Die Gebetshalle in der großen Moschee Hassan II in Casablanca bietet Platz für 100.000 Gläubige. Bild: Dagmar Lemke

Zum Abschluss unserer Stadtrundfahrt besuchen wir die Verlegerin Leila Chaouni in ihrem Verlag „Le Fennec“, eine wichtige Plattform für Publikationen aus der Frauenbewegung und für junge Literaten. Sie wird von den schwierigen Bedingungen des marokkanischen und von den viel-fältigen Blockaden des innerarabischen Buchmarktes berichten.

Beim Abendessen in einem Restaurant wird uns Najia Zirari vom Centre d'écoute begleiten. Sie kennt die Geschichte der marokkanischen Frauenbewegung aus eigener Erfahrung.

3. Tag

Vormittags besuchen wir das Frauenhaus („centre d'écoute“), das 1995 als erstes seiner Art in Marokko gegründet wurde: Hier treffen wir Najia Zirari, die im Vorstand mitarbeitet und seit Beginn zu den Frauen gehörte, die das Zentrum aufgebaut haben. Die Beraterinnen des Frauenhauses – inzwischen gibt es über 50 solcher Projekte, überall im Land – können uns von ihrem Kampf gegen Gewalt in der Familie und von den Schwierigkeiten berichten, das neue Familienrecht in der Praxis auch umzusetzen.

Zum Mittagessen fahren wir zum wahrscheinlich bekanntesten Frauenprojekt Marokkos: „Solidarité Féminine“, von Aicha Chenna vor rund 20 Jahren als Anlaufstelle für ledige Mütter gegründet, hat allen Anfeindungen widerstanden und sich zum Vorzeigeprojekt gewandelt. Das Restaurant, eine der Aktivitäten, um den ledigen Müttern Selbstvertrauen und Einkommen zu ermöglichen, ist heute in seinem Stadtviertel eine beliebte Mittags-Kantine.

Bei Ouezzane liegt das Grab des Rabi Omran, der von Juden wie von Muslimem verehrt wird. Bild: Dagmar Lemke

Nachmittags treffen wir uns mit engagierten Jugendlichen, die 2011 auch am „arabischen Frühling“ (in Marokko: „Bewegung des 21. Februars“) beteiligt waren und uns erzählen, was aus der „Arabellion“ in Marokko geworden ist.

Abendessen wieder in einem Restaurant.

4. Tag

In der Frühe verlassen wir Casablanca. Mit unserem Minibus fahren wir nach Norden über Rabat, Kenitra und Souk El-Arbaa bis nach Quezzane, in der Vergangenheit ein mächtiges religiöses Zentrum Nordmarokkos, Heimat der Taibia - Bruderschaft. Wir besuchen die vom Tourismus wenig berührte Altstadt.

Nachmittags setzen wir unsere Busfahrt ins Rif-Gebirge fort – mit einem Abstecher zum Grabmal des bekannten jüdischen „Heiligen“ Rabi Amrane Ben Diwan, der im 18. Jahrhundert hier lebte und noch heute verehrt wird, auch von vielen Muslimen. Kurz vor Sonnenuntergang kommen wir in dem malerisch gelegenen Chefchaouen an.

In den Gassen von Chefchaouen im Rif-Gebirge Bild: Thomas Hartmann

5. Tag

Der Vormittag steht zur freien Verfügung: für individuelle Streifzüge durch die geschäftige, aber überschaubare Altstadt mit ihren gleißend blau und weiß getünchten Häusern, die sich den Berghang hinaufziehen; oder für einen Spaziergang auf den Bergrücken - mit einem beeindruckenden Rundblick über Chefchaouen und, zur Gebetszeit, dem vielstimmigen Chor der Muezzine, der über das Tal schallt.

Nachmittags können wir eine lokale Frauengruppe der Association Al-Horra besuchen, die in Nordmarokko mehrere Ortsgruppen aufgebaut hat und Frauen in ihren Alltagssorgen unterstützt.

6. Tag

Mit dem Minibus geht es zurück über Quezzane Richtung Fès. Auf halber Strecke sehen wir in der Ferne die Ausgrabungen der einst bedeutenden römischen Stadt Volubilis und fahren auch am Ort Moulay Idriss vorbei. Hier liegt das Grab von Idriss I., dem Begründer des ersten marokkanischen Königreiches (im Jahr 789), der später wie ein Heiliger verehrt wurde. Im September pilgern jährlich über eine Million Menschen zu seinem Grab, der bedeutendsten Pilgerstätte in Marokko.

Feinste Stuckverzierungen sind typisch für die andalusisch-marokkanische Baukunst, hier im Mausoleum von Moulay Ismail in Meknès Bild: Dagmar Lemke

Am Nachmittag erreichen wir Meknès, eine der vier „Königsstädte“ Marokkos. Ihre Blütezeit erlebte die Stadt Ende des 17. Jahrhundert unter Moulay Ismail. Sein Mausoleum und einige erhaltene Tore der weitgehend zerstörten Palastanlagen gehören zu den Meisterwerken andalusisch-marokkanischer Baukunst.

Anschließend fahren wir nach Fès. Etwa bei Sonnenuntergang werden wir am Ziel ankommen: ein wunderschönes „Riad“, ein zum Hotel umgebautes traditionelles Wohnhaus mit Innenhof. Es liegt am Eingang der grandiosen Altstadt von Fès und wird die nächsten Tage unser ruhender Pol in der quirligen „Medina“ sein.

7. Tag

Am Vormittag unternehmen wir einen ersten Rundgang durch diese schönste Medina Marokkos, von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt, und besichtigen einige der berühmten Bauwerke - wie die restaurierte Medersa Bou Inania, den Brunnen Nejjarine und die Karaouine-Moschee (al-qarawīyīn), die wir als Nicht-Muslime allerdings nur von außen bewundern können.

Geschäftiges Treiben vor dem Bab Boujeloud, einem der Tore zur Altstadt von Fès. Bild: Brigitte Kurz

Fès war jahrhundertelang das bedeutendste politische, religiöse und kulturelle Zentrum Marokkos, Ort einer hoch angesehenen Universität, die religiöse Gelehrte aus der gesamten islamischen Welt anzog. Hier finden sich alle Schattierungen der vielfältigen religiösen Traditionen Marokkos – von der „akademischen“ Gelehrsamkeit in der Karaouine-Universität über die Niederlassungen ("Zaouias") aller großen Sufi-Orden, bis hin zu vielfältigen Erscheinungsformen des Volksislams.

Einblicke in die besondere spirituelle Entwicklung dieser außergewöhn- lichen Stadt sowie in die Alltagskultur ihrer Bewohner erhalten wir bei einem Spaziergang „auf den Spuren des Sufismus“ durch die Altstadt von Fès – ein Mitarbeiter des Sufi-Kultur-Festivals wird uns dabei auch zu einigen versteckten Plätzen und Gebäuden führen.

8. Tag

Am Vormittag können wir uns aus erster Hand über soziale und kulturelle Aktivitäten in Fès erkundigen: wir besuchen das „Reseau associative“, ein Netzwerk von verschiedenen Vereinen und Projekten, dessen Büro sich mitten in der Medina in einem der typischen alten Häuser befindet.

Am Nachmittag werden wir wieder in die Altstadt eintauchen, gemeinsam oder in kleinen Gruppen, je nach Interesse. Vor dem Abendessen beschäftigen wir uns mit der Aktualität des Sufismus: bei einem Gespräch mit Faouzi Skali, dem Leiter des jährlichen Sufi-Kultur-Festivals von Fès.

Die Empfangshalle im Haus eines ehemaligen Wesirs in der Altstadt von Fès Bild: Thomas Hartmann

9. Tag

Der Vormittag steht für letzte Erledigungen in Fès zur Verfügung – seien es Einkäufe im Souk oder weitere Erkundungen in der Medina. Jedenfalls müssen wir uns von Fès verabschieden und nehmen am Nachmittag den Zug nach Rabat. Nach knapp 3 Stunden erreichen wir die moderne Hauptstadt des Landes.

Unser Hotel liegt fünf Minuten vom Bahnhof entfernt im Zentrum der Stadt, sodass vor dem Abendessen ein Spaziergang über den Boulevard Mohammed V, die Flaniermeile der Stadt, möglich ist.

10. Tag

Nach dem Besuch von Fès werden Sie für die Medina in Rabat nur ein müdes  Lächeln  übrig  haben. Aber auch Rabat hat Sehenswürdig- keiten zu bieten, etwa die ‚Qasbah des Oudayas‘, eine eigene kleine Altstadt im andalusischen Stil. Gebaut wurde sie vor 400 Jahren von Flüchtlingen aus Spanien an der Mündung des Flusses Bou Regreg im Atlantik, direkt gegenüber Rabats Schwesterstadt Salé, auf die man vom berühmten „Café Maure“ aus einen herrlichen Blick genießen kann.

Demonstration arbeitsloser Akademiker vor dem Parlament in Rabat Bild: Dagmar Lemke

Am Nachmittag besuchen wir eines der rund 30 Forschungsinstitute der staatlichen Religionsbehörde „Arrabita Al Mohammadia des Oulémas“, und zwar das „Centre des études féminines en Islam”. Dessen Direktorin Asma Lamrabet und ihre MitarbeiterInnen erläutern ihren Ansatz, die religiösen Quellen unter Berücksichtigung der Gleichheit zwischen Männern und Frauen und der modernen Lebensrealität neu zu interpretieren: ein Reform-Islam unter gender-Gesichtspunkten.

Sie informieren uns auch über die staatlichen Programme zur Imam- Ausbildung. Marokko ist das erste islamische Land, in dem auch Frauen diese Ausbildung erhalten. Diese „Morchidates“ dürfen zwar keine Gebete leiten, sind aber – vom Staat angestellt – in den lokalen Moschee-Gemeinden als Gemeindearbeiterin und in der Beratung (insb. von Frauen) tätig.

11. Tag

Rabat ist ein intellektuelles Zentrum, nicht nur Regierungssitz. Hier haben die meisten landesweiten Vereine und Organisationen ihre Zentrale. Rabat war neben Casablanca auch die Wiege der Zivilgesellschaft in ihrer modernen Form. Sie werden Gelegenheit erhalten, mit einer Zeitzeugin dieser Geschichte, der Journalistin Leila Chafii, zu sprechen und ihre Einschätzungen über die Nachwirkungen des „arabischen Frühlings“ in der politischen Landschaft Marokkos zu hören.

Doch der Tag beginnt mit einem Besuch bei der Menschenrechtsorganisation AMDH, die zur politischen Opposition des Landes gehört und von aktuellen Repressionen sowie Menschenrechtsverletzungen zu berichten weiß. Opfer sind vor allem Salafisten, aber auch Anhänger der Berberbewegung, Gewerkschafter und Journalisten.

12. Tag

Früh morgens Transfer zum Flughafen Casablanca; gegen 10 Uhr fliegen Sie mit Air France über Paris zurück nach Frankfurt, Berlin oder Düsseldorf, wo alle bis 17 Uhr ankommen.

Umstellungen und Änderungen im Detail sind möglich. Stand: 1. Dez. 2017

Der Rückflug kann individuell auch später erfolgen. Näheres beim Veranstalter.