Marmor, Stein und Eisen Brecht: Havanna mit Scotch
■ Eine Wortmeldung zum 100. Geburtstag
Was dürfte Brecht denn heute abend bei Ihnen zum Essen aussuchen?
Ralf Goldmann: Unser Tagesangebot wechselt natürlich täglich. Heute würde er zum Beispiel eine Kohlroulade bekommen oder ein italienisches Gericht: Spaghetti Bolognese.
Und was empfehlen Sie für den kleinen Hunger zwischen den kreativen Schüben?
Es gibt eine Suppe, dazu viele kalte Dinge: Schmalzstullen, belegte Brote mit Wurst, Schinken oder Kräuterquark. Man kann auch einen Brathering mit Röstkartoffeln bekommen oder etwas Feineres. Lachs zum Beispiel, mit Rösti.
Glauben Sie, Ihre Kantine träfe seinen Geschmack?
Es ist überliefert, daß Brecht deftige Gerichte bevorzugt hat. Kohlroulade paßt ja in diese Kategorie. Er wäre bestimmt auf seine Kosten gekommen, sowohl warm als auch kalt.
Schauen Sie sich die Brecht- Inszenierungen hier im Haus an?
Nein, gar nicht. Wenn es etwas Interessantes zu sehen gibt, arbeite ich immer. Selbst als der Zadek hier inszeniert hat, habe ich es nicht geschafft. „Arturo Ui“ zum Beispiel habe ich nur als Aufzeichnung im Fernsehen gesehen. Und früher, zu Ostzeiten, habe ich das Haus ganz einfach nicht gemocht und einen großen Bogen um dieses Theater gemacht.
Wenn Brecht seinen Geburtstag im Casino des Berliner Ensembles feiern würde, was würden Sie ihm kochen?
Zunächst sicher ein paar Häppchen, so ein paar Delikatessen, wie sie sich jeder selbst ausmalen kann – es muß ja nicht unbedingt Kaviar sein. Ansonsten würde ich in Richtung russisches Buffet gehen, recht rustikal, viel Fisch, Kohl – um ihn damit ein bißchen zu verwöhnen.
Lecker. Und danach?
Wer sich etwas Gutes antun will, raucht nach dem Essen eine Havanna. Heiner Müller tat das und trank Scotch dazu. Das könnte auch der Geschmack von Herrn Brecht gewesen sein. Sein Schwiegersohn, Ekkehard Schall, mochte das übrigens. Interview: Kolja Mensing
Ralf Goldmann bewirtschaftet zusammen mit seinem Partner Peter Skupin das Casino im Berliner Ensemble
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