kuckensema: auf Bremens Leinwänden
: Mann zu Frau zu Frau zu Mann: die Filmreihe „Zwischentöne – Musik und Gender im Film“

Eine Frau spielt einen Mann, der als Damenimitator auftritt. So scharfsinnig und komisch wie in der deutschen Komödie „Viktor und Viktoria“ aus dem Jahr 1933(!) ist das Prinzip „gender“ wohl kaum noch einmal auf den Punkt gebracht worden. Der Film war seiner Zeit weit voraus, und so wurde die Geschichte erst in den 80er Jahren durch das kongeniale Remake von Blake Edwards in der Hauptrolle zu einem Welterfolg und Fixpunkt der gender-studies. Es scheint einen Zusammenhang zwischen Musik, Gender und Bühnensituationen zu geben, und dieser wird in den nächsten Wochen in einer Veranstaltungsreihe im Rahmen von „Bremen/Bremerhaven. Stadt der Wissenschaft 2005“ beleuchtet, die das Sophie Drinker Institut zusammen mit dem Kino 46 veranstaltet.

Warum ist gerade auf der Bühne solch ein Oszillieren der Geschlechterrollen möglich? Dr. Christin Heitmann vom Institut, das auf musikwissenschaftliche Frauen- und Geschlechterforschung spezialisiert ist, erklärt dies damit, dass im Theater oft „die Geschlechterrollen ganz extrem polarisiert werden, wodurch dann gleichzeitig der Anreiz entsteht, sie auch mal zu durchbrechen.“ Dies kann so theatralisch geschehen wie etwa in Blake Edwards „Victor/Victoria“, der in der zweiten Juniwoche gezeigt wird, aber auch eher unterschwellig wie in „Fame – Der Weg zum Ruhm,“ mit dem die Reihe heute Abend beginnt. Dieses von Alan Parker inszenierte Musical aus dem Jahr 1979 erzählt von einer Handvoll New Yorker Musik- und SchauspielschülerInnen an einer Kunsthochschule in den New Yorker Slums. Dabei „spielen die Jungs auch mal Flöte und die Mädchen Trompete oder Posaune“, entdeckte Dr. Heitmann, die die Filme natürlich mit dem für solche Details geübten Blick einer feministischen Musikwissenschaftlerin ansieht. In Katja von Garniers Film „Bandits“ kann man dann nicht nur eine Frau hinter dem Schlagzeug bewundern, sondern die vier Heldinnen sind auch noch Gangster und gründen eine Rockband.

Gegen den Vorwurf, „weibisch“ zu sein, muss sich dagegen der junge Held in der britischen Komödie „Billy Elliot – I Will Dance“ behaupten. Er entdeckt seine Leidenschaft und sein Talent für das klassische Ballett, während sein Vater, ein Bergmann, aus ihm lieber einen Boxer machen will. Statt sich wie diese Protagonisten von fest gefügten Geschlechterrollen zu befreien, ruht der japanische Schauspieler Tamasaburo Bando in dem Dokumentarfilm „Das geschriebene Gesicht“ ganz in der Tradition seiner Zunft, wenn er als einer der letzten Frauendarsteller des Tabukitheaters mit seinen in Jahrhunderten entwickelten Gesten und ritualisierten Tanzbewegungen nicht etwa eine Geisha imitiert, sondern die Essenz des Weiblichen verkörpert. Als ein historischer Vorläufer von androgynen Paradiesvögeln wie David Bowie und Freddie Mercury gilt der berühmteste Kastratensänger des 18. Jahrhunderts „Farinelli“, über den Gerard Corbiau einen recht barocken Film gemacht hat. Für die Gesänge darin wurden weibliche und männliche Stimmen am Computer miteinander vermischt. Aber es gibt auch eine einzige Aufnahme vom Gesang des letzten Kastraten Alessandro Moreschi, und Christin Heitmann versucht, diese für ihren Vortrag über den Film aufzutreiben. Wilfried Hippen

„Fame“ läuft heute um 20.30 mit einer Einführung von Anja Herold sowie am Fr. u. Sa um 18.00. im Kino 46, wo auch die andern Film in den nächsten Wochen zu sehen sein werden