Mann aus der Menge: Horst Köhler angegriffen
Vor der Frankfurter Paulskirche wurde am Sonntag der Bundespräsident attackiert. Ein Mann stürmte aus der Menschenmenge heraus auf Köhler zu und umklammerte ihn von hinten.
FRANKFURT dpa Bundespräsident Horst Köhler ist am Sonntag vor der Frankfurter Paulskirche von einem 44-jährigen Mann aus einer Menschenmenge heraus angegriffen worden. Das Staatsoberhaupt blieb unverletzt, der Täter wurde rasch überwältigt. Zunächst berichtete die Polizei, der Mann habe einen verwirrten Eindruck gemacht. Nach der Vernehmung sagte Polizeisprecher Manfred Vonhausen: "Das ist ein Otto Normalverbraucher." Ersten Erkenntnissen zufolge hatte die Tat des Ingenieurs aus Offenbach keine politischen Hintergründe.
Nach Köhlers Auftritt bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels bekam der 44-Jährige bei seiner Attacke das Revers des Präsidenten zu fassen, bevor Personenschützer ihn überwältigten, berichtete die Polizei. Der Bundespräsident habe sein Programm fortgesetzt. "Köhler ist wohlauf, sowohl körperlich wie psychisch", sagte ein Polizeisprecher in Frankfurt.
Der Zwischenfall ereignete sich nach Polizeiangaben gegen 12.15 Uhr. Köhler ging in Begleitung des Friedenspreisträgers Saul Friedländer zu Fuß von der Paulskirche in Richtung Römerberg und durchquerte eine Menschenmenge. Der aus Offenbach stammende Täter sei plötzlich aus dem Publikum auf den Präsidenten zugelaufen. Dem Angreifer sei es zum Glück nur gelungen, den Bundespräsidenten kurzzeitig von hinten zu umklammern.
Köhler blieb nach dem Vorfall gelassen: "Nach Angaben seiner Personenschützer nimmt Köhler die Gefahr solcher Angriffe in Kauf, weil er gerne das Bad in der Menge nimmt und den Kontakt zu den Bürgern sucht", hieß es von der Polizei.
Der Täter nannte nach seiner Festnahme private Probleme als Grund für den Angriff auf das Staatsoberhaupt. Der 44-Jährige habe nach eigener Darstellung Köhler nur um Hilfe bitten wollen. Er habe Schulden und fühle sich bei Zivilprozessen schlecht behandelt. Der Täter arbeitet laut Polizei als Ingenieur und habe kein psychisches Problem. Er wurde nach der Vernehmung und nach Rücksprache der Polizei mit dem Haftrichter auf freien Fuß gesetzt. Die Beamten hätten seine Aussage als nachvollziehbar bewertet, sagte Vonhausen.
Angriffe auf deutsche Spitzenpolitiker sorgten immer wieder für Aufregung, meist waren sie aber im Gegensatz zum aktuellen Fall eindeutig politisch motiviert. So ohrfeigte im November 1968 die Deutsch-Französin Beate Klarsfeld Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger während eines CDU-Parteitags in Berlin, nachdem sie ihn schon früher als "Nazi und Mörder" bezeichnet hatte. Zuletzt wurde Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) im Mai 1999 während einer kontroversen Debatte über das NATO-Bombardement Jugoslawiens auf dem Grünen-Sonderparteitag in Bielefeld von einem Farbbeutel am rechten Ohr getroffen und erlitt einen Trommelfell-Riss.
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