: Mangel an Konzepten
■ ÖTV-Fachtagung Verwaltungs-Reform
Seitdem die öffentlichen Kassen leerer werden, müssen nun auch die veralteten und festgefahrenen Behördenapparakte über „Modernisierung“ nachdenken. Damit die Reform jedoch nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird, veranstaltete die ÖTV eine Tagung zum Thema der Beteiligungschancen für die Beschäftigten innerhalb der Reformanstrengungen. Rund 80 Personalräte hörten sich gestern im DGB-Haus an, was BehördenvertreterInnen und WissenschaftlerInnen zum Thema zu sagen hatten.
Die Fachtagung „Reform öffentlicher Dienste durch Projektarbeit - Beteiligungschancen für die Beschäftigten?“, eine gemeinsame Veranstaltung der ÖTV, Bezirk Weser-Ems, und der Universität Bremen, Kooperationsbereich Uni/Angestelltenkammer, begriff sich als Veranstaltungs-Dialog. „Es mangelt an Konzepten. Denn es gibt keine einfachen übertragbaren Beteiligungsmodelle“, sagte Rolf Prigge, von der Kooperationsstelle Uni/Arbeiterkammer. Er kritisierte die Haltung der Behörden, sich im Reformprozess mit „Insellösungen“ zu begnügen. Die Reform des Gartenbauamts in Bremen sei ein Beispiel für eine solche Einzellösung.
Als Lernbeispiel für eine Behördenreform dient nach wie vor der „Bürgerladen Hagen“. Dort wird nach einem kundenfreundlichen Dienstleistungsprinzip gearbeitet: Der Kunde kann innerhalb eines „Ladens“ sämtliche Behördenleistungen von „allzuständigen“ MitarbeiterInnen in Anspruch nehmen. Diese Methode hat nicht nur zufriedenere Kunden und zufriedenere Beschäftigte zur Folge, sondern sparte der Stadt auch noch Geld ein. Mit jährlich rund 700.000 Mark Einsparungen könne die Stadt (217.000 EinwohnerInnen) rechnen, so Behördensprecher Rubertus Kramer. Das Konzept wurde unter Mithilfe der Beschäftigten entwickelt.
„Man müsse nur an das Gold in den Köpfen der Beschäftigten rankommen“, sagte der Soziologe Leo Kißler. Der Reform-Projektleiter der Bremer Schulverwaltung, Wilhelm Rohlje, schürft die güldenen Ideen seiner MitarbeiterInnen in Arbeitsgruppe um Arbeitsgruppe. In der „Steuergruppe“ säßen VertreterInnen aus allen Abteilungen der Verwaltung, und delegierten bestimmte Themenfelder an weitere Arbeitsgruppen oder an das „Autonomie-Forum“ aus den Schulen. „Partizipieren ist teilweise auch langwierig“, stellte er fest. vivA
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