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Maikäferphobie bei Forstministerin

■ Mit „Decis“ gegen ein Jugendtrauma / Doch „Nützlinge“ dürfen weiterleben

Frankfurt a.M. (taz) - Die christdemokratische hessische Land- und Forstwirtschaftministerin Irmgard Reichhardt vom Hofgut Ringelshausen wird seit Kindertagen von einer Maikäferphobie geplagt. Auslöser war die Lektüre von Wilhelm Busch. Frau Reichardt identifizierte sich seither mit den Qualen von Onkel Fritz. Nun witterte sie die Chance, sich von ihrem Trauma befreien zu können: In Wiesbaden planten Frau Reichhardt und ihr Führungskader die generalstabsmäßige Vernichtung der Maikäfer durch den großflächigen Einsatz des Insektizides „Decis“ in den hessichen Wäldern. Das biologisch nicht abbaubare „Decis“ sollte der Spezies den Garaus machen.

Doch die Frau mit der Maikäferphobie hatte nicht mit den Maikäferfreunden aus den Reihen der Grünen und selbst der hessischen Waldbesitzer gerechnet. Wer mit „Kanonen auf Spatzen schießen“ wolle, der verursache größere Schäden am Ökosystem der Wälder als die armen Maikäfer in tausend Jahren, wetterten die Landtagsabgeordneten und grünen Maikäferfans Irene Soldwedelund Daniela Wagner-Pätzhold. Und die hochherrschaftlichen Ex-Fürsten und Ex-Grafen aus den hessischen Gauen schlugen die Hände über dem Kopf zusammen. Mit dem Einsatz der chemischen Keule gegen die Maikäfer würden nämlich auch alle wichtigen „Nützlinge“ gekillt, da der Kampfstoff „Decis“ nicht „schädlingsspezifisch“ wirke.

Am Dienstag dieser Woche streckte nun Frau Reichhardt die Waffen, so daß die Maikäfer auch in Hessen weiter fliegen und sich ihres Lebens erfreuen dürfen.

Klaus-Peter Klingelschmitt

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