piwik no script img

Mär –betr.: Streit um Ausländerbeauftragten, taz-Hamburg vom 14., 15. und 16.1.'99

Wer hat eigentlich die Mär vom sogenannten „Ehrenamt“, d.h. der angeblich unentgeltlichen Tätigkeit, des Ausländerbeauftragten (und anderer Beauftragter des Senats) in die Welt gesetzt – und warum wird dies von den Medien so einfach übernommen und verbreitet?

Von den drei Senatsbeauftragten ist der für den Wohnungsbau hauptamtlich auf einer unbefristeten B 6-Stelle tätig. Für den sogenannten „ehrenamtlich“ tätigen Ausländerbeauftragten standen bereits im Haushaltsplan 1996 60.000 Mark für Sachaufwendungen zur Verfügung; zusätzlich werden die Mitarbeiter- und sonstigen Kosten für die Dienststelle des Beauftragten aus dem öffentlichen Haushalt gedeckt; bei der Senatsbeauftragten für Behindertenfragen verhält es sich – abgesehen von niedrigeren Sachausgaben – ähnlich; möglicherweise sind die Aufwandsentschädigungen zwischenzeitlich sogar erhöht worden, doch selbst unabhängig davon geht es in dem peinlichen Streit zwischen SPD und GAL allenfalls um eine relativ geringe Differenz zwischen Entschädigung und Gehalt.

Die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit dieser Beauftragten kann und soll nicht in Abrede gestellt werden, auch wenn man bisher mehrfach den Eindruck haben konnte, daß die SPD auch hier mehr oder weniger verdienten bzw. qualifizierten Genossen, die zudem meist als ehemalige Senatoren, Bürgerschaftsabgeordnete, öffentlich Bedienstete o.ä. finanziell bereits gut abgesichert sind, noch einen Posten und zudem ein gutes Zubrot verschafft hat.

Es erscheint wenig glaubwürdig, wenn der Senat gerade in letzter Zeit verstärkt von einer – dringend notwendigen – „Stärkung des Ehrenamtes“ spricht und damit die vielen tausend tatsächlich ehrenamtlich, d.h. unentgeltlich Tätigen in dieser Stadt meint, die zudem meist auch fast alle Kosten aus eigener Tasche bezahlen (müssen), und gleichzeitig die Tätigkeit seiner eigenen Beauftragten als „ehrenamtlich“ bezeichnet, obwohl diese – bei festen Dienstverträgen und neben eigenen Dienststellen und der Erstattung anderer Auslagen – monatlich mindestens 5.000 Mark als Aufwandsentschädigung erhalten. Die Mittel seien den jeweiligen Personen – erst recht, wenn sie diese wert sind – gegönnt, nur hat ihre Tätigkeit und Bezahlung nichts mit der allgemein üblichen Ehrenamtlichkeit in unserer Gesellschaft und in dieser Stadt zu tun.

Charlotte Petersen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen