Männerhorden am Vatertag: Erwachsene, die Dummheiten machen
Schon gewusst, dass der Berliner Treptower Park ein Hotspot der Kampftrinkenden ist? Sogar der 4-Jährige erkennt: Dies ist die Verlängerung des Myfests.
DerTreptower Park ist ja eine Institution für Jung und Alt: Je nach Gusto kann man Eis, Crêpesoder Wurst futtern, sich auf Wiesen tummeln, Tretboot fahren oder in der Eierschale zu Schlagern das Tanzbein schwingen. Für uns Nordneuköllner ist der Ort zudem attraktiv, da fahrradläufig für den 4-jährigen Stöpsel erreichbar. Was liegt da näher als ein Ausflug zu Christi Himmelfahrt?
Dumm nur, dass der Park offenbar traditionell das Lieblingsziel von Jungmännerhorden in Vatertagslaune ist. Bereits an den Landungsbrücken kommen sich Flaneure, Radfahrer und Bollerwagen ins Gehege. Gegen zwölf Uhr mittags herrscht Stop-and-go-Verkehr auf dem Weg entlang der Spree – Gelegenheit für den einen, nach Eis zu verlangen, für die anderen, das x-te Bier zu öffnen und unverständliche Kehlgesänge anzustimmen.
Auf der Insel der Jugend ist natürlich jeder Schattenplatz besetzt. Ein paar Familien mümmeln mitgebrachte Brote und beäugen irritiert die nicht abreißende Heerschar von Männergruppen, die über die Brücke auf die Wiese quillt. Der Flieder hat keine Chance gegen die Grillschwaden, von Haus Zenner weht „Griechischer Wein“ herüber, ein paar Stoppelbärte im fortgeschrittenen Zustand der Trunkenheit halten mit „Schalalala“-Grölen dagegen.
„Mama, was machen die Polizisten hier?“ Tatsächlich drehen am frühen Nachmittag vier unter ihren schusssicheren Westen schwitzende Beamte missmutig ihre Runde über die Insel. Meine Erklärung für den Nachwuchs, dass die Polizei aufpassen muss, weil dies wieder einer der Tage ist, an denen Erwachsene schon mal Dummheiten machen, wird mit einem wissenden Nicken quittiert. „Dann ist hier auch das Myfest?“
Ganz verkehrt ist das nicht. Beide Ereignisse lassen sich als „Massenevent unter freiem Himmel mit ausgeprägtem Alkoholzwang“ subsumieren – die für Außenstehende schlimmer aussehen, als sie am Ende sind. „Keine besonderen Vorkommnisse“ hat die Berliner Polizei am Vatertag registriert. In Brandenburg war mehr los: Beim 137. Baumblütenfest in Werder gab es 28 Platzverweise, meist wegen Trunkenheit; in Zehdenick kippte eine Vatertagstruppe mit dem Trecker um, weil sie zu schnell in die Kurve fuhr. Ganz normaler Wahnsinn also.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland