: Männer schauen in den Spiegel
Nur zwei Männer haben in der Auseinandersetzung mit der GAL–Frauenliste die Sau rausgelassen: CDU–Bürgermeisterkandidat Hartmut (“Hasi“) Perschau und der Chef–Kommentator des Stadtmagazins Szene, Jochen Siemens. Perschau erklärte, er könne zu Frauenkultur nichts sagen „weil ich nicht in Lesbenkneipen gehe“. In einer Debatte in der Hamburger Bürgerschaft zu St. Pauli offenbarte er zuvor: „Ich habe nichts gegen harten Sex“. Blanken Haß aber verbreitete allein auf weiter Flur Jochen Siemens. Mit seinen Tiraden stellte er die „Frechen Frauen“ an die Seite von Heiner Geißler und warf ihnen „miefigen Biologismus und reaktionären Quatsch“ vor. Doch noch sieht der Hard– Core–Chauvi Land in Sicht: „Die momentanen Pausenclowns und Animateure werden sich dann schon ihre eigene Bühne suchen“. Auch Bürgermeister Dohnanyi wollte in der Frauenliste lediglich ein „Kasperltheater“ erblicken. Die Maske der Politik setzte sich der linke SPD–Parteivorsitzende Ortwin Runde auf: „Die GAL will politisch gar nicht mitgestalten. Dies hat sich bei der Aufstellung einer reinen Frauenliste gezeigt.“ Die Maske der Kompetenz trugen viele GAL–Wähler an den Büchertischen: Frauenemanzipation sei zwar hochwichtig, aber „jetzt steht doch nicht mehr die geballte Fachkraft zur Verfügung“. Besonders beliebt die Maske der Wahlarithmetik: „Das kostet die Grünen zwei Prozent“. Und die Maske der Projektion. Die eigene Ablehnung wurde auf die GAL–Männer projiziert die sich „alle nicht mehr trauen“ oder „besonders schlapp reagierten“ und, wie es ein Reporter des Bayerischen Rundfunks auf den Punkt brachte, „ihrer Entmannung zugestimmt“ haben. Nimmt man jedoch die Erfahrungen der GAL– Wahlkämpfer zusammen, so bleibt ein eigenwilliges Bild. Neben der oft begründeten politischen Unterstützung für ein kulturelles Projekt wird die Faszination, das eigene Geschlecht im Spiegel zu sehen und männliche Ängste um Posten, Karriere und Hegemonie zu erleben, immer deutlicher. Und immer mehr GALier sind ihr im Wahlkampf erlegen. Erwin Jurtschitsch, Paul Rieckmann
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