: Machtlos gegen das Gift
■ Wasserwerk Stellingen: Bundesbahn verunreinigt Grundwasser durch Herbizide
Das Gift trägt den Namen „Diuron“. Im Kampf gegen wildwuchernde Unkräuter versprühte die Deutsche Bahn AG jahrelang das Herbizid aus dem Hause „Bayer“ ungehemmt auf den Gleisanlangen ihres Eidelstedter Betriebsbahnhofes. Resultat der Schädlingsbekämpfung: An 14 Meßstellen entdeckte die Umweltbehörden erhöhte Diuron-Konzentrationen bis zu 11,8 Mikrogramm pro Liter im oberflächennahen Grundwasser. Sie alle liegen im Einzugsbereich des Wasserwerks Stellingen.
Zwar wurde nach Auskunft der Hamburger Wasserwerke (HWW) in den tiefergelegenden Grundwasserleitern, aus den das Trinkwassser gefördert wird, noch kein Diuron gefunden. Doch HWW-Sprecherin Claudia Diercks räumt ein: „Niemand kann heute sagen, ob das passiert und wie lange das dauert“.
Besonders problematisch: Während die Umweltbehörde die Anwendung anderer Pflanzenschutzmittel, die ebenfalls im Stellinger Grundwasser entdeckt wurden, bereits untersagte, gibt es gegen das Bayer-Gift keine Handhabe. Denn Diuron ist in der bundesweit geltenden Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung nicht aufgeführt und kann deshalb nicht verboten werden. Die Bonner Verordnungs-Geber glaubten, das Herbizid würde oberirdisch abgebaut und könne nicht ins Grundwasser gelangen.
Zwar hat sich die Deutsche Bahn bereiterklärt, bis Ende des Jahres auf den Einsatz von Diuron in Eidelstedt zu verzichten. Doch die freiwillige Zusage ist nicht rechtsverbindlich. Um diese Gesetzeslücke zu schließen, will Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt nun im Bundesrat die Aufnahme des Herbizids in die Pflanzenschutzmittel-Verordnung erreichen. Eine entsprechende Initiative beschloß gestern der Senat. Das bereits ins Grundwasser gelangte Gift wird auf seinem Weg nach unten dadurch allerdings auch nicht mehr aufzuhalten sein. Marco Carini
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