Machtkampf in der CDU: Röwekamp tritt zurück - 2012

In einer langen und erbitterten Debatte rechneten Parteiinterne mit dem CDU-Vorsitzenden Thomas Röwekamp ab und warfen ihm vor, er sei ungeeignet für das Amt

Mit starrer Miene verfolgte der CDU-Ehrenvorsitzende Bernd Neumann die Debatte seiner Partei. Bild: dpa

Mehr als sechs lange Stunden stritten die Delegierten der Bremer CDU am Donnerstag über die "historische" Wahlniederlage der Partei - seit 1959 hatte es kein schlechteres Ergebnis gegeben. Im Herbst soll es nun eine Mitgliederabstimmung über den künftigen Parteichef geben.

Zuvor hatte es viel Kritik an dem amtierenden Landesvorsitzenden Thomas Röwekamp gegeben - in einer Schärfe, die einmalig war für die CDU. Mehr als ein Drittel der Anwesenden applaudierten immer wieder den KritikerInnen, zu denen nicht nur Ex-Senator Jens Eckhoff, Gabriele Piontkowski oder Wolfgang Schrörs zählten, sondern auch Ex-Bürgermeister Hartmut Perschau. Und am Ende Röwekamps Vorgänger Bernd Neumann. Zunächst jedoch hatte Röwekamp ausführlich die politische Programmatik der Bremer CDU verteidigt und die Frage aufgeworfen, ob die CDU mit anderen Positionen besser abgeschnitten hätte. Den Kritikern ging es - abgesehen von den Punkten Gewoba-Verkauf, Samstags-Schulunterricht und der Forderung nach einem Notlagentarifvertrag - nicht ums Programmatische, sondern um die Persönlichkeit des Vorsitzenden.

"Ich habe ein halbes Jahr geschwiegen", erklärte der langjährige frühere Schatzmeister Wolfgang Schrörs, und stellte die Frage, was einen zum Parteichef qualifiziere. "Integrationsfigur" und "Motivator" müsse der Landesvorsitzende sein, "offene Gespräche führen" und "aufrichtig" sein. "Alles das, Thomas, verkörperst du nicht", schloss er. Röwekamp verletze Parteimitglieder durch "herablassende Bemerkungen", sein "Zynismus sei nicht zu überbieten". Und: "Von dir geht keine positive Ausstrahlung aus."

Der Ex-Wirtschafts- und Finanzsenator Perschau, zu dessen Zeit die CDU einmal fast doppelt so viele Prozente bekommen hatte, sagte dasselbe, etwas freundlicher. "Pastoren, Lehrer und Politiker müssen Menschen mögen", erklärte er - sonst hätten sie ihren Beruf verfehlt. "Die Menschen merken das doch, ob man sie mag." Der Vorsitzende einer Volkspartei müsse alle Mitglieder "wollen" und "ihre Herzlichkeit herauskitzeln", sagte Perschau. Er spare es sich, die lange Liste der Namen vorzutragen, die von Ausgrenzung betroffen seien - er würde für den Antrag stimmen, der Röwekamps Rücktritt fordere, schloss Perschau.

Die Spitzenkandidatin Rita Mohr-Lüllmann saß dagegen den ganzen Abend mit versteinertem Gesicht auf dem Podium, neben ihr Bernd Neumann, der mehrfach sichtlich abweisend reagierte, wenn sich Röwekamp scheinbar fröhlich gestimmt an ihn wenden wollte.

Bei den Rednern der Debatte waren die Röwekamp-KritikerInnen in der Mehrzahl, nach Applaus und Buh-Potenzial war die Mehrheit aber bei den Röwekamp-Anhängern. Immer wieder forderten sie Geschlossenheit, parteiinterne Debatten dürften nicht presseöffentlich gemacht werden. Das meinte vehement auch der Bremerhavener CDU-Chef Michael Teiser, der sein Interesse an einer Bundestagskandidatur ankündigte.

Nach stundenlanger Debatte ging schließlich der Ehrenvorsitzende Bernd Neumann ans Podium. "Die Lage ist beschissen, mir fällt im Augenblick keine richtige Therapie ein", gestand er. Es gebe zwei "bemerkenswerte Blöcke", die Lösung des Problems sei keine Frage der Mehrheit. Zu Röwekamp - den er selbst als Nachfolger vorgeschlagen hatte - sagte Neumann: "Manchmal muss man auch selbst einen Schritt tun, ohne dass man gezwungen wird." Nach einem "Befreiungsschlag" wäre "etwas Luft raus", das wäre ihm "am liebsten", so Neumann. Er habe das Röwekamp auch vorher gesagt. Der habe aber anders entschieden. Mindestens solle Röwekamp einer Neuwahl des Vorsitzenden durch Mitglieder zustimmen.

Das tat der Röwekamp dann auch - bezog das aber auf den regulären Neuwahltermin im Mai 2012. Er wolle nur "Zeit schinden", warf ihm darauf der Parlamentarier Claas Rohmeyer vor. "Beratungsresistent" sei er, meinte Seniorenunions-Chef Wedige von der Schulenburg. Gegen Mitternacht schließlich verständigte man sich auf einen Termin Dezember 2011, Januar 2012. Daraufhin zogen die Kritiker ihre Rücktritts-Anträge zurück.

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