Machtkampf geht weiter: Notstand verhängt
In Thailands Hauptstadt stirbt ein Demonstrant bei einer nächtlichen Straßenschlacht zwischen Anhängern und Gegnern von Premier Samak.
BANGKOK taz
Thailands Armeechef Anupong Paochinda ist die Anspannung anzusehen. Er hat den wohl derzeit schwierigsten Job im Land: Er muss sicherstellen, dass sich die explosive Lage beruhigt und die rivalisierenden politischen Gruppen nicht erneut aufeinander losgehen. Das wolle er friedlich erreichen, betonte der Armeechef am Dienstag vor Journalisten in Bangkok. Seine Soldaten habe er angewiesen, keine Schusswaffen einzusetzen. Und er wiederholte gebetsmühlenartig: "Das Tor zu einem neuen Putsch ist definitiv geschlossen, Thailand muss nach einer politischen Lösung suchen."
Doch die ist nicht in Sicht. Bangkok ist im wahrsten Sinne des Wortes im Ausnahmezustand. Diesen hatte Premier und Verteidigungsminister Samak Sundaravej gestern verhängt, nachdem es in der Nacht zu Dienstag zu blutigen Straßenschlachten gekommen war: Regierungstreue Anhänger hatten Mitglieder der sogenannten Volksallianz für Demokratie (PAD) angegriffen, die seit einer Woche den Regierungssitz besetzen und Samaks Rücktritt fordern. Ein PAD-Anhänger starb, auf beiden Seiten wurden Dutzende verletzt. Wie lange der Notstand anhalten soll, wurde zunächst nicht bekannt.
Einer der Führer der "Volksallianz für Demokratie", der so schillernde wie umstrittene Medienmogul Sondhi Limthongkul, rief seinen Anhängern am Nachmittag zu: "Setzt eure Proteste fort, lasst euch dadurch nicht einschüchtern." Eingeschüchtert wirken sie ohnehin nicht. Jetzt erst recht, sagten sich viele, die im Laufe des Tages zum Regierungssitz pilgerten. Ganz offensichtlich hatte die PAD nach dem nächtlichen Kampf neue Sympathisanten gewonnen.
Der mittlerweile matschige Vorplatz des Regierungssitzes ist ausgelegt mit Matten. Unter Planen und vor Zelten campieren seit einer Woche mehrere tausend Protestler, ausgestattet mit Sonnenhüten und Picknicktaschen. "Wir haben recht mit dem, was wir tun, und wir möchten Unentschiedene davon überzeugen", so der Geschäftsmann Somchai zur taz. "Die Samak-Regierung hat vieles getan, was gegen das Gesetz ist." Eine andere Demonstrantin, ebenfalls Geschäftsfrau, schaltet sich ein: "Unsere Bewegung legt es darauf an, die Politik von Grund auf zu verändern", sagt sie. "Es ist doch traurig zu sehen, dass Thailands Politiker so selbstsüchtig sind und nur nach dem Geld schielen, aber nichts für das Volk tun."
Eine Kooperation mit der Gegenseite komme nicht in Frage, sind sich die PAD-Protestler einig. Ein Arzt, der mit Helfern des Roten Kreuzes vor Ort ist, ist pessimistisch: "Die Geschichte wird sich wiederholen, und es wird zu einem Massaker kommen". 1976 und 1992 waren bereits Demonstranten massakriert worden.
Unterdessen hat Thailands Wahlkommission den Druck auf die Samak-Regierung auf ihre Weise verschärft. Sie empfahl den Gerichten, Samaks People Power Party (PPP), welche die stärkste Kraft innerhalb der jetzigen Sechs-Parteien-Koalition ist, aufzulösen. Die Vorwürfe lauten auf Wahlbetrug und Stimmenkauf während des Urnengangs vom Dezember 2007. Allerdings dürften für den Fall einer PPP-Auflösung bereits Nachfolgeparteien in den Startlöchern stehen. Auch Neuwahlen dürften die Probleme nicht lösen. Denn inzwischen sehen die verfeindeten Lager jeden Wahlsieg der Gegenseite als manipuliert.
Aufgrund der Eskalation bieten inzwischen einige deutsche Reiseunternehmen eine kostenlose Stornierung gebuchter Bangkok-Reisen an. Die deutsche Botschaft in Bangkok warnte Besucher davor, sich dem besetzten Regierungssitz zu nähern.
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