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Archiv-Artikel

MÜTTER WERDEN LEICHT ZU MASKULISTEN – WENN ES UM DEN EIGENEN SOHN GEHT Achtung: Manipulierende Miststücke

Die feministische Perspektive verschiebt sich etwas, wenn man Söhne hat. Nicht nur bei Dörte. „Entscheidend ist doch, wie das Verhältnis der Jungs zu Mädchen aussieht“, meint meine Bekannte. Ich löffele den Zuckerschaum aus meinem zweiten Latte, wir sitzen nun schon lange im Café zusammen und sprechen über unsere Söhne. Und Mädchen. In dieser Reihenfolge.

„Wichtig ist, dass sie sich nicht ausnutzen lassen von den Mädchen“, sage ich. Dörte weiß sofort, was ich meine. „Ja, dieser ganze manipulative Mist, diese Mischung aus Sexyness und Moralisieren bei manchen Mädchen“, meint sie, „aber Leon ist gewappnet. Ich würde ihm auch Tipps geben.“ Was heißt hier weibliche Solidarität. Die eigenen Kinder, die gehen vor.

Das mit dem Ausnutzen und den Mädchen hätte ich vor 15 Jahren wohl auch nicht so gesagt. Aber man verändert sich, wenn man einen Sohn hat. Sieht man auch an Dörte. Sie, eigentlich erklärte Feministin, hat eine gewisse Wandlung vollzogen, die mir zum ersten Mal auffiel, als sie am Elternabend uns Anwesenden verkündete, dass „Jungs auf jeden Fall benachteiligt werden von den Lehrerinnen, so viel ist ja wohl klar. Jungs sind eben anstrengender, schwieriger. Herausfordernder.“ Herausfordernd! Ich fand das ein bisschen dick aufgetragen. Hätte nur noch gefehlt, dass Dörte ihren Leon, 16, zum kommenden Che Guevara erklärt.

Aber auch ich ging gern mit David in Batman-Filme und achtete darauf, ihm keine zartfarbigen Tagesdecken zu schenken. Ein „Erlebnisgeschenk“, Baggerfahren in Brandenburg, scheiterte leider an der Altersgrenze.

Irgendwann hatte auch ich es aufgegeben, gegen „Ballerspiele“ zu wettern, sondern akzeptiert, dass aus Davids Zimmer eben Schüsse und Explosionen ertönten, stundenlang. Ich achtete zwar darauf, dass es kein „Counterstrike“ ist, aber irgendwann kam mir die Unterscheidung ein bisschen lächerlich vor. Eines Tages habe ich dann an seinem Rechner ausprobiert, ob es mir auch etwas geben würde, Gegner via Playstation abzuballern. Ehrlich gesagt: Es hat was. Außerdem nörgeln Computerspiele nicht an einem rum. Vielleicht ist die männliche Welt doch die bessere?

Womöglich sind Mädchen im Unterricht nur die Angepassteren und gar nicht die Schlauen, Tollen, die später im Beruf mutwillig von Männern untergebuttert werden? Man denkt irgendwie um die Ecke, wenn man einen Sohn hat. „Mädchen schleimen sich bei den Lehrern ziemlich ein, das nervt“, hatte Dörtes Sohn Leon vor Jahren verächtlich erklärt. Jungs wollen eben Grenzen überschreiten. Wollen wir das nicht eigentlich alle?

Kurze Zeit später wurde Leon beim Ladendiebstahl erwischt. Er wusste, dass er noch nicht strafmündig war. Inzwischen baut er Hanf an im Schrank zu Hause. Zum Geburtstag wünschte er sich das Buch des WC-Firmenchefs Hans Wall, Titel: „Aus dem Jungen wird nie was …“ Ich bin mir sicher, Leon landet nicht auf Hartz IV. Der verdient mal richtig Geld. Egal mit was.

„Doch was machen wir, wenn unsere Jungs später mal ihre Frauen richtig mies behandeln?“, grübelt Dörte, „auf welcher Seite stehst du dann?“ Tja. Dann überlege ich eben neu. BARBARA DRIBBUSCH

Fragen zu Miststücken? kolumne@taz.de