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Archiv-Artikel

MÜLLERS „RISIKOTEILUNG“ – EIN ANDERES WORT FÜR SUBVENTIONEN Manager mit Mitnahme-Mentalität

Immer wenn es schwierig wird, rufen deutsche Manager nach dem Staat. So nun auch Werner Müller, Chef der Ruhrkohle und ehemals Wirtschaftsminister. Der Weltmarktpreis für den Edelbrennstoff Koks, der die Stahlhochöfen erhitzt, geht in die Höhe, und prompt soll der Staat mit 800 Millionen Euro aushelfen. Die soll der Steuerzahler vorstrecken, um eine neue Zeche in Hamm zu bauen und dort die hochwertige Kokskohle zu fördern. So will Müller die dankbare Stahlindustrie mit vergleichsweise günstigem Koks für etwas weniger als 200 Euro pro Tonne versorgen. Der Applaus vom SPD-Fraktionschef in Nordrhein-Westfalen, Edgar Moron, und dem obersten Bergbau-Gewerkschafter Hubertus Schmoldt folgt prompt.

Das kommt in Zeiten nordrhein-westfälischen Kommunalwahlkampfes sicher gut an – mit ökonomischer Vernunft hat es nichts zu tun. Zwar schraubte sich der Preis für Koks auf dem Weltmarkt im März auf bis zu 450 Dollar pro Tonne hoch, und liegt zur Zeit bei etwa 280 Dollar. Ursache ist die hohe Nachfrage aus dem boomenden China. Doch der Preis wird wieder sinken. Zur Erinnerung: Erst vor vier Jahren kündigte die deutsche Stahlindustrie ihre Abnahmeversprechen gegenüber den heimischen Zechen auf, weil die Importkohle so viel billiger war. Damals kostete sie 80 Dollar und die EU verhängte Anti-Dumping-Zölle gegen Chinas billige Exporteure. Nun schwankt der Markt ins andere Extrem. In zwei, drei Jahren wird sich der Preis wieder in Richtung der Erzeugerkosten von um die 100 Dollar pro Tonne einpendeln, denn Kohlevorkommen sind alles andere als knapp. Doch während man hierzulande tief und teuer in den Berg graben muss, gibt es Kokssteinkohle anderswo im billigen Tagebau.

All das weiß auch Herr Müller. Die von ihm verlangte „Risikoteilung“ zwischen Staat und Wirtschaft läuft so auf neue Dauersubventionen heraus. Das Übliche eben: Die Gewinne werden privatisiert, die Kosten vergesellschaftet. So liefert Gerhard Schröders Exminister nun ein Paradebeispiel für genau jene Mitnahmementalität, die der Kanzler jüngst kritisierte. MATTHIAS URBACH