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MIT WELTBANK UND IWF AUF DU UND DUSiamesische Zwillinge

■ Weltbank will mehr Bildung, der IWF verhindert sie

Berlin (taz) — Der Reichtum der Dritte-Welt-Staaten ist ihre Bevölkerung; Bildungsprogramme sind unterstützenswert, weil sie die Menschen in die Lage versetzen, sich und ihr jeweiliges Land am eigenen Schopf aus dem Sumpf der Armut zu ziehen — meint die Weltbank in ihrem neuesten Bericht (s. unten). Konsequenterweise müßte die „Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung“, so ihr Untertitel, als allererstes den Direktoren des Internationalen Währungsfonds (IWF) kräftig auf die Zehen treten. Der IWF nämlich verbindet seine Kreditvergabe mit harten Bedingungen zur Sanierung der Staatshaushalte. Und in aller Regel sparen die Regierungen lieber im Sozial- und Bildungsbereich als bei der Rüstung.

IWF und Weltbank sind beide im Juli 1944 auf der Konferenz von Bretton Woods aus der Taufe gehoben worden. Vor allem die USA wollten mit ihnen das Nach-Weltkriegs-Währungsgefüge stabilisieren. Der IWF bekam die Aufgabe zugewiesen, das System fester Wechselkurse zu überwachen und bei kurzzeitigen Leistungsbilanzdefiziten dem jeweiligen Staat mit Krediten auszuhelfen. Die Weltbank sollte demgegenüber langfristig Kapital zur Verfügung stellen für den Wiederaufbau Europas und die Entwicklung der Dritte-Welt- Länder. So sind die Partner der Weltbank vor allem die Ministerien für Technik, Planung und Entwicklung sowie Erziehung, Gesundheitswesen und Landwirtschaft, während der IWF mit Finanz-, Handels- und Wirtschaftsministerien und Zentralbanken zu tun hat.

In der Praxis wirkt diese Trennung allerdings künstlich. Beispiel Landwirtschaft: Die Weltbank kümmert sich nicht nur um Bewässerungssysteme und Saatgutbeschaffung, sondern ebenso um die Entwicklung eines Kreditwesens für die Landwirtschaft. Der IWF wiederum vertritt die Auffassung, daß Einzelprojekte eh nichts bringen, wenn die Staatsfinanzen nicht in Ordnung sind. Um Projekte von der Weltbank finanziert zu bekommen, muß das jeweilige Land Mitglied im IWF sein.

In beiden Institutionen richtet sich — praktisch wie bei einer Aktiengesellschaft — der Einfluß eines Mitgliedslandes nach dem Motto: Wer zahlt, bestimmt. Die Quote — also die Größe des Aktienpaketes — wird nach der Finanz- und Wirtschaftskraft des Landes berechnet. Die USA, Japan, die Bundesrepublik, Großbritannien und Japan verfügen zusammen über mehr als 40 Prozent der Stimmen im IWF und bestimmen so die Politik der Institution.

Kampf der Armut?

Seit 1973 ist das erklärte Ziel der Weltbank der „Kampf gegen die weltweite Armut und Befriedigung der Grundbedürfnisse“ (der damalige Weltbankpräsident McNamara). Bis 1980 wurde das Darlehensvolumen vervierfacht, das Geld vor allem in Großprojekte (Staudämme, Straßen etc.) gesteckt. Seit Anfang der 80er Jahre jedoch ging die McNamara-Strategie des „Umverteilens mit Wachstum“ vor allem den unter Reagan tonangebenden orthodoxen Liberalen zu weit, seither geht es nur noch um „Strukturanpassung“. Als dann die Verschuldungskrise unübersehbar wurde, drängte sich der IWF mit seinen Rezepten gegen marode Staatsfinanzen in den Vordergrund. Zunächst sollen die Leistungsbilanzen saniert werden. Und weil das bislang nicht so schnell wie geplant funktioniert hat, werden die IWF-Programme jetzt wieder verstärkt von langfristigeren Weltbank-Programmen flankiert.

Vorrangig unterstützt werden zur Zeit allerdings die Reformstaaten Osteuropas. Ungarn, Polen und die CSFR haben sich ohne Wenn und Aber auf die harten IWF-Bedingungen eingelassen. Der Weltbank-Bericht des nächsten Jahres wird sich also in Bezug auf die ärmsten Länder nicht wesentlich vom diesjährigen unterscheiden. dri

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