MIT MAXWELLS GROSSELTERN AUF DU UND DU: Undurchsichtiges Netz
Die Söhne des Großverlegers werben um Vertrauen ■ Aus London Ralf Sotscheck
Die Zeit der feierlichen Nachrufe auf Robert Maxwell ist vorbei — jetzt sind die Gläubiger am Zug. Die Banken hatten Maxwells Söhnen Ian und Kevin eine Schonfrist gewährt, die mit der Beerdigung ihres Vaters am Sonntag nachmittag in Jerusalem abgelaufen ist.
Kevin Maxwell, der neue Vorstandsvorsitzende der Maxwell Communication Corporation (MCC), hat bis zum Wochenende Zeit, den Schuldenberg von 1,4 Milliarden Pfund (4 Mrd. DM) durch Notverkäufe zu reduzieren. Das dürfte ihm nicht leicht fallen, da die MCC-Aktien seit Robert Maxwells Tod von 1,41 Pfund auf 69 Pence gefallen sind. Kevin Maxwell betonte am Wochenende, daß MCC „weitgehend erhalten“ bleiben soll. Das Geld will er durch den Verkauf einiger Unternehmen aus dem Privatbesitz seines Vaters auftreiben, doch auch die sind hoch verschuldet. Wie hoch, das ist allerdings in dem undurchsichtigen Netz von Kreuz- und Querbeteiligungen, die Stiftungen in Liechtenstein und Gibraltar unterstehen, verborgen.
Auf Druck seiner Gläubiger hatte Maxwell 1984 erklärt, daß die Nutznießer dieser Stiftungen „die Verwandten der Großeltern von Herrn und Frau Robert Maxwell außerhalb des Vereinigten Königreichs“ seien. Diese Formulierung beunruhigt die britischen Behörden seit dem Tod des Medienzars vor einer Woche. Möglicherweise geht ihnen die Erbschaftssteuer durch die Lappen, da Maxwell in der Tschechoslowakei geboren und in Israel begraben wurde, Frau und Kinder in Frankreich geboren wurden und die Unternehmen im Ausland registriert sind.
Doch bleibt von dem Medienimperium überhaupt etwas übrig, das versteuert werden müßte? Experten schätzen Maxwells Schuldenberg auf 2,4 Milliarden Pfund (7 Mrd. DM). Das Problem ist, daß die Privatunternehmen mit den Aktiengesellschaften eng verwoben sind. So hat Maxwell als Sicherheiten für Privatkredite MCC-Aktien hinterlegt. Die US-Börsenmakler Goldman & Sachs warfen am vergangenen Dienstag 2,2 Millionen Aktien auf den Markt, noch bevor Maxwells Tod bestätigt wurde. Die Aktien fielen dadurch weiter in den Keller und rissen Maxwells Hauptgläubiger, die Banken National Westminster, Barclays und Lloyds, mit sich. Die Banken beteuerten jedoch am Wochenende, gegenüber den Maxwells jetzt „nichts übers Knie brechen zu wollen“. Zu Maxwells Privatimperium gehören die Wochenzeitung 'European‘ und die New Yorker 'Daily News‘, die beide hohe Verluste einfahren, sowie Anteile am israelischen Verlag Modiin, dem britischen 'Independent‘, 50 Prozent der 'Berliner Zeitung‘ und der 'Kenyan Times‘. In Gefahr ist auch der Mehrheitsanteil an Maxwells Flaggschiff, den profitablen Mirror Group Newspapers (MGN). In der Erwartung, daß die Schuldenkrise Maxwells Erben zum Notverkauf zwingen werde, stiegen die MGN-Aktien um fast die Hälfte. Als Käufer werden der reichste Mann Australiens, Kerry Packer, der italienische Verleger Berlusconi und auch die Gütersloher Bertelsmann-Gruppe gehandelt.
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