MIT DER TABAKSTEUER AUF DU UND DU: „Fiskalischer Flop“
■ Höhere Tabaksteuer bringt weniger Einnahmen
München (dpa/taz) — Die letzte Tabaksteuererhöhung hat für die Bundeskasse nicht die erwarteten Mehreinnahmen gebracht. Im Gegenteil: der höhere Preis hat offenbar viele RaucherInnen dazu bewegt, dem gesundsheitsschädlichen Laster abzuschwören. Nach Ansicht der Wissenschaftler vom Münchner Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung haben die BeamtInnen des Bundesfinanzministeriums „auf das falsche Pferd gesetzt“. Wenn nicht alles täusche, werde die Maßnahme für den Bund zum „fiskalischen Flop“, hieß es gestern im jüngsten Ifo-Bericht.
Der Zigarettenabsatz lag Ende Mai mit 7,6 Milliarden Zigaretten um zwölf Prozent unter dem Vorjahreswert. Auf das ganze Jahr 1992 gerechnet, werde er erstmals seit zehn Jahren wieder rückläufig sein und mit 132 Milliarden Stück um zwölf Prozent unter dem Vorjahr liegen. Während die höhere Mineralöl- und Versicherungssteuer zweistellige Zuwachsraten beschere, zeichnet sich laut Ifo bei der Tabaksteuer in den ersten fünf Monaten 1992 ein Rückgang um 0,6 Milliarden DM ab. Das Tabaksteueraufkommen belaufe sich 1992 statt auf erwartete 20,7 Milliarden DM vermutlich nur auf 19,3 Milliarden DM (1991: 19,6 Milliarden DM). Der Preis der industriell gefertigten Zigarette dürfte nach 21,7 Pfennig 1991 und 22,6 Pfennig im Mai 1992 auf 25 Pfennig 1996 klettern. Davon entfielen dann 3,3 Pfennig auf die Mehrwertsteuer und 14,5 Pfennig auf die Tabaksteuer. Der Preisschock bis zu fünf DM pro Zigarettenpackung habe den Trend zu selbstgedrehten Zigaretten gefördert.
Im Anschluß an finanziell merkliche Tabaksteuererhöhungen (1977 und 1982) war nach einem kurzfristigem Rückgang bisher im Folgejahr dann eine relativ hohe Zuwachsrate zu verzeichnen gewesen. Das Ifo-Institut geht davon aus, daß 1993 erst 50 Prozent des Absatzrückgangs von 1992 wieder wettgemacht und bis 1996 ein Absatz von 143,5 Milliarden Zigaretten erreicht wird. Der Spitzenabsatz von 1991 mit knapp 150 Milliarden Zigaretten dürfte nach Ifo- Einschätzung nicht mehr erreicht werden. Die Ausgaben für Tabakwaren insgesamt dürften von 34 Milliarden DM 1991 im laufenden Jahr auf 32,8 Milliarden DM sinken und bis 1996 wieder auf 38,4 Milliarden DM klettern.
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