MIT DER ARBEITSWELT AUF DU UND DU: Kinderarbeit am Pranger
■ ILO kritisiert auch die Diskriminierung von Frauen
Genf (taz) — Mit einem „dramatischen wirtschaftlichen Schrumpfungsprozeß“ in den Ländern Osteuropas rechnet die „Internationale Arbeitsorganisation“ (ILO). Im ungünstigsten Fall, so die ILO-ExpertInnen, dürfte dadurch die Arbeitslosigkeit im Laufe dieses Jahrzehnts auf 20 Prozent anwachsen. Das könne die Auswanderung von 20 Millionen Menschen nach Westeuropa zur Folge haben, heißt es in dem gestern veröffentlichten Weltarbeitsbericht.
Auf ihrer heute in Genf beginnenden dreiwöchigen Jahrestagung will sich die zweitgrößte UNO-Sonderorganisation daher vorrangig mit Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsmarktlage in Osteuropa befassen. Dabei kommen nicht nur VertreterInnen der Regierungen zu Wort. Denn bei der ILO sind — einzigartig unter sämtlichen UNO-Organisationen — auch Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen vertreten und gleichberechtigt an der Beschlußfassung beteiligt.
Ein zweiter Konferenzschwerpunkt ist die laut ILO-Bericht die „immer noch vielfältige Diskriminierung von Frauen in der Arbeitswelt — etwa durch niedrige Bezahlung, geringen Status und sexuelle Belästigung“. Punktuelle Verbesserungen konstatiert der Bericht für Schweden und Kanada, wo inzwischen zwei Drittel aller neuen Unternehmen von Frauen gegründet werden. Die darüber hinaus von der ILO zitierten Beispiele sind nicht gerade unbedingt überzeugend: so ließen einige Staaten inzwischen Frauen auch bei der Polizei und den Streitkräften zu.
Zu den Hauptthemen der Konferenz gehört schließlich die weltweit wachsende Kinderarbeit nicht nur in Asien, Lateinamerika und Afrika, sondern auch in den USA und den EG-Staaten Spanien und Italien. Millionen Kinder schuften in Steinbrüchen, Bergwerken, Bordellen, Teppichwebereein und anderen gefährlichen Arbeitsbereichen. Die ILO sieht Kinderarbeit als unvermeidliche Folge von Not und Armut und daher für nicht abschaffbar. Mit gezielten Maßnahmen, zu deren Finanzierung vor allem die Bonner Regierung einen größeren Finanzbeitrag leistet, sollen jedoch Kindern in einigen ausgesuchten Ländern zumindest der Schulbesuch ermöglicht werden.
Ein Thema, daß auf ILO-Konferenzen der letzten Jahren mehrfach zu kritischen Anfragen und Rügen führte, wird nach Einschätzung der Bonner Delegation diesmal nicht mehr auf die Tagesordnung kommen: die Praxis der „Berufsverbote“ in der Bundesrepublik Deutschland. Ganz sicher ist man jedoch nicht. Denn bei einer Vorbereitungssitzung erkundigte sich die Delegation eines anderen Landes nach dem Schicksal des Ostberliner Theologieprofessors und ehemaligen Rektors der Humboldt- Universität, Heinrich Fink. Andreas Zumach
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