MIT B. A. UND MASTER HABEN SICH DIE DEUTSCHEN UNIS BLAMIERT : Wir sind international – und keiner merkt’s
Mindestens die Begriffe „Paradigmenwechsel“, „Revolution“ und „Durchbruch“ wurden Ende der 90er-Jahre bemüht, als die deutschen Hochschulen sich durchrangen, neue Studienabschlüsse einzuführen. Endlich wird die deutsche Uni international!, hieß es. Die deutschen Uniabgänger sollten nicht mehr Magister oder Doktor gar heißen, sondern Bachelor und Master.
Versprochen war: Die guten alten deutschen Abschlüsse bleiben bestehen, und für alle, die international studieren, gibt’s die ebenfalls großartigen neuen Abschlüsse. Es klang so wundervoll, zumal den Studienplanern erfolgreich suggeriert wurde, dass sie nichts ändern, sondern bloß ein paar neue Formulare drucken brauchten.
Einige Geisteswissenschaftler brachten vor, dass die durchschnittliche Germanistikstudentin vielleicht verwirrt würde: Unter Umständen könnte sie gar nichts mit dem B. A. anfangen, würde sich aber dadurch unter Druck setzen lassen, dass die neuen Titel rasanter klängen. Und: Wie man sich denn das vorgestellt hätte mit der qualitativen Abstufung? Sei denn der B. A. nicht eine Mogelpackung – müssten die Studieninhalte für die neuen Abschlüsse nicht umgestrickt werden? Außerdem: Einige Unis würden den B. A. vielleicht bloß einschieben, um Leute loszuwerden, die es sonst nur bis zur Zwischenprüfung brächten. Ob das nicht eine Vernachlässigung der Studierenden sei?
Bedenkenträger!, scholl ihnen entgegen. Wer es mit den US-Unis endlich aufnehmen wolle, müsse dafür sorgen, dass die Fitten und Agilen auch schnell studieren könnten! Universitätsrektoren und Dekane erklärten sich auf Hochschulreform-Veranstaltungen gegenseitig – gerne auch in grässlichem Englisch –, dass der deutsche universitäre Provinzialismus vorbei sei. Sie steckten sich untereinander kleine Hochglanz-Info-Flyer über ihre Hochschulen zu, die sie an den Flughäfen Hongkongs und New Yorks verteilen lassen wollten. Wenn erst die Studienabschlüsse international geeicht würden, würde Asiens und Amerikas Bildungselite an die deutschen Unis stürmen.
Hm, ja. Die Briten wollen den deutschen Bachelor nicht anerkennen. Sei nichts wert, sagen sie. Die deutschen Hochschulen waren so damit beschäftigt, ihren Provinzialimus abzuschütteln, dass sie eines ganz vergessen haben: Ein B. A.-Studium dürfte nicht einfach kürzer, sondern müsste ganz anders aufgebaut sein als ein Magister- oder Diplomstudium. Die Briten wissen das. Die Deutschen sind jetzt blamiert. Blöd das, die Sache mit dem internationalen Wettbewerb.
ULRIKE WINKELMANN