MIT ATOMAUSSTEIGERN AUF DU UND DU: Atomare Freileitungen
■ Schweden versucht, in Polen AKW bauen zu lassen
Warschau/Berlin (taz) — Was kann die Regierung eines westlichen Industrielandes für die heimische Atomindustrie noch tun, wenn das Parlament beschlossen hat, aus der Atomenergie auszusteigen? Sie sollte als erstes eine Delegation auf Informationsfahrt nach Stockholm schicken. Die schwedische Regierung hatte nämlich die gute Idee, den Ausstiegsbeschluß im eigenen Lande zu umgehen, indem sie den zu Hause unerwünschten Atommeiler einem Nachbarn aufschwatzt. Wladyslaw Matlak, energiepolitischer Berater des polnischen Umweltministers, beschwerte sich jetzt in Warschau über die Hartnäckigkeit der Nordländer. Mehrfach hätten die Schweden einen 1.000 Megawatt- Reaktor angeboten, der 20 Jahre lang Strom nach Skaninavien liefern sollte. Anschließend sollte der Meiler den Polen gehören. Dafür seien die Schweden sogar bereit gewesen, kostenlos eine Freileitung über die Ostsee zu legen.
Polen hatte die Fertigstellung seines einzigen Atomkraftwerks bei Gdansk im Jahr 1990 gestoppt. Matlak versichert, daß Polen die schwedischen Vorschläge abgelehnt habe. Polen plane weder mit Schweden noch mit anderen westlichen Ländern und Firmen Kraftwerke, die dann mit dem produzierten Strom zurückgezahlt werden sollten. Der Ministerialbeamte beklagte, daß Polen von Vorschlägen dieser Art geradezu überschwemmt werde. So gebe es westliche Angebote auch für den Bau von Gentechnik-Anlagen und Pestizidfabriken in seinem Land.
In Schweden hatten bereits 1980 in einer Volksabstimmung 80 Prozent der Bevölkerung den Ausstieg aus der Atomenergie verlangt. Hermann-Josef Tenhagen
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