■ MINISTERPRÄSIDENT MARTENS TRITT ZURÜCK: Harter Rechtsruck in Belgien
Brüssel (taz) — Die Koalitionsregierung von flämischen wie wallonischen Sozialisten und Christdemokraten unter Ministerpräsident Wilfried Martens mußten bei den vorgezogenen belgischen Nationalwahlen am Sonntag eine schwere Niederlage hinnehmen. Zusammen verloren sie 14 Mandate. Gewinner ist die rechtsextreme und ausländerfeindliche Vlaams Blok, die die Zahl ihrer Mandate von 2 auf 12 versechsfachen konnte. Auch die Grünen legten erheblich zu. Ihr Anteil stieg von 2 auf 17 der insgesamt 212 Sitze im Parlament. Belgien steht nun vor der schwersten innenpolitischen Krise seit vielen Jahren. Denn um die Staatsreform zu vollenden, die Flamen und Wallonen in dem vom Sprachenstreit zerrissenen Land weitgehende Unabhängigkeit voneinander verschaffen sollte, ist Belgien auf ein Parteienbündnis angewiesen, das sich verfassungsändernde Mehrheiten verschaffen kann. Diese sind in einer Neuauflage der alten Fünferkoalition, der bis Oktober auch die flämische Volksunie angehörte, nicht mehr möglich, da auch diese Partei sechs ihrer Mandate verlor. Martens rechnet denn auch mit „sehr schwierigen Koalitionsverhandlungen“ und sprach im belgischen Fernsehen von einem „extremen Rechtsrutsch“. Der Spitzenpolitiker des Vlaams Blok kündigte unterdessen an, die Partei werde die Einwanderung zum Hauptthema der belgischen Innenpolitik machen und aus der Opposition heraus Druck machen. SEITE 10
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