MINDESTSTEUER: EINE HÖHERE UNTERNEHMENSBELASTUNG IST ANGEBRACHT : In der Linkskurve
Wer ist die gerechteste Partei in Deutschland? Um den heimlichen Titel der Deutschen Gerechtigkeitspartei streiten derzeit SPD und CDU/CSU. Jetzt hat SPD-Chef Müntefering ein paar Punkte gutgemacht. Er hat angekündigt, die Unternehmensbesteuerung erhöhen zu wollen. Und das ist gut.
Die Sozialdemokraten wollen endlich ihren alten Plan einer höheren Mindestbesteuerung wieder aus der Schublade kramen. Danach möchten sie durchsetzen, dass Unternehmen künftig mindestens die Hälfte ihres Gewinnes versteuern müssen – ganz gleich, welche Verluste sie aus den vergangenen Jahren noch mit sich herumschleppen. Der Plan stammt aus dem Jahre 2003. Damals hatte die CDU/CSU jedoch im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat durchgesetzt, dass nur mindestens 40 Prozent der Gewinne besteuert werden. Wenn die Sozialdemokraten jetzt erneut für eine höhere Unternehmensbesteuerung eintreten, könnten sie von einer Verschiebung im politischen Klima profitieren. Denn das Image der Großkonzerne ist derzeit so schlecht wie selten.
Das jüngste Beispiel ist der Telekommunikationskonzern Vodafone, der sich steuerlich arm rechnen will, indem er Verluste des übernommenen Mannesmann-Konzerns geltend machen möchte. So etwas macht die Steuerzahler wütend, denn diese Gestaltungsmöglichkeit hat ein Arbeitnehmer nicht. Unternehmen handeln nicht moralisch und sind nicht nett – das hat sich inzwischen herumgesprochen.
In diesem Klima wird es die Union schwer haben, auf den SPD-Vorstoß zu reagieren wie sonst üblich: als Kritikerin zu hoher Steuerbelastungen, Hüterin der Privatwirtschaft und damit auch der Arbeitsplätze. Die alten Parameter stimmen nicht mehr. Auch wenn die Wirtschaft Klagelieder ob der geplanten Mindestbesteuerung anhebt: Sie wäre gerecht. Schließlich bleibt immer noch die Hälfte des Gewinns, die durch Verluste weggerechnet werden darf. Letztlich geht es also nur um eine zeitliche Streckung von Verlusten. Und das ist für die Unternehmen in Deutschland zu verschmerzen.
BARBARA DRIBBUSCH