MIGRATION 3: BUSHS „GASTARBEITERSTATUS“ VERRECHTLICHT UNGLEICHHEIT : Eine halbe Legalisierung reicht nicht
Dass die Grenze zwischen Mexiko und den USA besser bewacht wird, wie es US-Präsident George Bush am Montag ankündigte – das wollen sogar die meisten Migranten dort. Denn der 3.200 Kilometer lange Grenzstreifen ist auch ein Abenteuerschießplatz für rechtsextremistische Weiße geworden, die dort agieren, wie es ihnen gefällt. Allein im letzten Jahrzehnt soll sich die Zahl der Todesfälle verdoppelt bis verdreifacht haben. Daher begrüßen auch die Einwanderer, die es über diese Grenze geschafft haben, verbesserte staatliche Kontrollen und geregelte Verfahren an den Grenzposten.
In seiner Rede an die Nation hat Bush, der in Sachen Einwanderung bislang ein Anhänger des Laisser-faire ist, nun einen Kompromiss vorgelegt. Er könnte die etwa zwölf Millionen Illegalen im Land zu Gastarbeitern erklären. Dies aber wird zur Verbesserung ihrer Lage in den Restaurantküchen, Schlachtereien und auf dem Bau kaum ausreichen. Viele befürchten, dass der Gastarbeiterstatus ihnen vor ausbeuterischen Arbeitgebern keinen Schutz bieten wird – eine realistische Einschätzung, wenn dieser neue Status in Recht gefasst wird und die Lobby der Wirtschaft und Farmer tätig werden. Daher fordern alle Migrantenorganisationen ganz klassisch, dass ein fester Job ermöglichen soll, ordentliche Papiere zu beantragen. So war es in den USA, seit es diesen Staat gibt, so wurden alle zu Amerikanern, selbst die, die heute meinen, sie seien die besseren Amerikaner. Die allermeisten der mittlerweile 50 Millionen Latinos, der größten Migrantengruppe in den USA, wollen keine US-Bürger zweiter Klasse unter sich sehen.
Der Wirtschaftsboom im Land, darauf verweisen sie selbstbewusst, wird seit Jahren durch ihrer Hände Arbeit ermöglicht, egal ob legal oder illegal. Zwar verfügen die Latinos noch kaum über politischen Einfluss, aber es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie sich organisieren. Die wenigsten träumen dabei von einer Karriere als Sozialrevolutionär, Sozialhilfeempfänger oder Migrantenheld. Sie wollen Jobs, hübsche Häuser, gute Schulen – und eben einen Pass, der sie das alles erreichen lässt.ADRIENNE WOLTERSDORF