MICHAEL BRAUN ÜBER DIE BILDUNG EINER GROSSEN KOALITION IN ITALIEN : Der neue Brotaufstrich
Endlich bekommt Italien eine neue Regierung. Und was für eine: Die große Koalition von der gemäßigt linken Partito Democratico (PD) über Mario Montis Zentrum hin zur Berlusconi-Rechten kann auf eine satte Dreiviertelmehrheit im Parlament zählen. Mit dem designierten Ministerpräsidenten Enrico Letta hat sie zudem einen europäisch verlässlichen, ökonomisch kompetenten Chef.
Entsprechend groß ist der Jubel in den europäischen Staatskanzleien, in der EU-Kommission, in den Medien. Und die Finanzmärkte belohnen die neue Regierung schon vor ihrem Start mit einem deutlichen Rückgang der Risikoaufschläge auf Italiens Staatsschulden, als Dank für die wiedergewonnene Stabilität.
Einer in Rom freut sich ganz besonders: Silvio Berlusconi. Dank der großen Koalition wird er erneut zum zentralen Spieler der italienischen Politik. Noch im November 2011 feierten die Finanzmärkte samt europäischer Öffentlichkeit Berlusconis Abgang als Regierungschef, noch im Februar 2013 herrschte rechts wie links die Hoffnung, der Mann werde durch die Wahlen endgültig ins Abseits gestellt. Jetzt ist er wieder da – und darf sich über seine neue Rolle als Europas Stabilitätsanker freuen.
Der zweite Stabilitätsanker wäre die PD. Anders als Berlusconi ist die Partei klar proeuropäisch – aber ihre in den letzten Wochen demonstrierte Unfähigkeit zu einem klaren Kurs hat sie in eine tiefe Existenzkrise gestürzt. Eine Koalition ausgerechnet mit dem an der Parteibasis tief verhassten Berlusconi hat das Zeug dazu, die Krise weiter zu beschleunigen. Gerade für die Stabilität des Landes, für die Demokratie ist die große Koalition fatal, denn gewinnen können bei ihr nur zwei: der plötzlich rehabilitierte Berlusconi und die einzig gebliebene nennenswerte Opposition – die 5-Sterne-Bewegung Beppe Grillos.
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