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Archiv-Artikel

MEIKE LAAFF ÜBER DAS NEUE LEISTUNGSSCHUTZGESETZ Absurder Kompromiss

Das Gesetz schafft mehr Rechtsunsicherheit. Rechtsanwälte können sich freuen

Dieses Leistungsschutzrecht sollte einst zum Hüter des sogenannten Qualitätsjournalismus werden. So tönten die Verlage. Es sollte zum Schutzschild gegen den großen Ausbeuter, die Suchmaschine Google, werden. Aus dem Bundestag heraus kommt nun aber ein Kompromisslein von einem Gesetz, an dem so lange nachgebessert wurde, bis kaum etwas von ihm übrig blieb.

Das Gesetz schafft eher Rechtsunsicherheit, als dass es eine angebliche Schutzlücke schließt. Glücklich werden die Verleger mit ihm also nicht werden. Geschweige denn ökonomisch befriedigt.

Wenn man an dieser ganzen Posse um das Gesetz überhaupt etwas positiv finden mag, dann das: dass die Verleger mit ihrem Versuch, für mangelnden Geschäftssinn auch noch Geld zu bekommen, nicht ohne Weiteres durchgekommen sind. Denn das war der Gedanke dahinter: Statt neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, wollten die Verleger einfach mal die Hand bei jemandem aufhalten, dem es gelungen ist, im Netz ziemlich dicke Werbeeinnahmen zu erzielen. Natürlich ist es im Interesse von Journalisten und einer gut informierten Öffentlichkeit, dass Verlage finanziell so ausgestattet sind, dass sie gute Arbeit leisten können. Und natürlich ist es verdammt schwer, Konzepte für Journalismus im Netz zu entwickeln, über die sich ganze Redaktionen finanzieren können.

Nur: Leitet sich daraus ein Recht auf Existenzsicherung ab? Es ist schon eher schlicht, bei dem Laden kassieren zu wollen, der einem inzwischen einen großen Teil der Leser auf die eigenen Internetseiten spült. Und nebenbei ein paar kleinen Internetklitschen den Garaus zu machen, die Verlagsinhalte ebenfalls besser auffindbar machen.

Und das Ergebnis? Juristen und Oppositionspolitiker verspotten das verabschiedete Gesetz schon jetzt als Konjunkturprogramm für Rechtsanwälte – einfach, weil es sehr viel Interpretations- und Verhandlungsspielraum lässt. Wofür genau wie viel an die Verleger bezahlt werden soll, wer überhaupt als Verleger zählt und wie das zu organisieren ist, lässt das Gesetz weitgehend offen. Ebenso wie die Antwort auf die Frage, was eine „angemessene“ Beteiligung der Journalisten, also der Urheber der Texte auf Verlagsseiten, sein könnte. Den größten Klopper leisteten sich die Koalitionäre aber in dieser Woche. In der größten Not, als selbst führende Schwarz-Gelbe das Leistungsschutzrecht kritisierten, rangen die Regierungsparteien um eine Lösung und fanden sie schließlich in einem Halbsatz: „Einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“ sind nun vom Leistungsschutzrecht der Verleger ausgenommen.

Damit torpedieren die Regierungsparteien das eigentliche Kernstück des Leistungsschutzrechtes. Denn das Lizensieren und Abkassieren für Snippets, also kleine Textauszüge, mit denen zum Beispiel Suchmaschinen andeuten, was sich hinter den Links ihrer Trefferlisten verbirgt, war zentral wichtig. Um das Kopieren ganzer Texte zu regeln, braucht es diese Regelung nämlich nicht – das macht schon heute das Urheberrecht.

Doch der Gesetzgeber drückt sich um eine genaue Definition, wie lang „kleinste Textausschnitte“ sein dürfen, um lizenzfrei zu bleiben. So lang wie ein Anreißer auf Rivva? 250 Zeichen wie die Snippets auf Google News? Oder schon eine markante Überschrift in der URL eines Artikels? Danach kann es sich künftig richten, wie viel Erläuterungen Suchmaschinennutzer in Deutschland zu den blanken Links mitgeliefert bekommen; ob innovative Aggregationsdienste und Start-ups es sich leisten können, in Deutschland auf den Markt zu kommen oder nicht; und womit sich Abmahnanwälte demnächst beschäftigen werden.

Besser wäre es gewesen, man hätte auf dieses Gesetz einfach komplett verzichtet. Diese Erkenntnis ist sogar in die Reihen der Koalition eingesickert. Gut ein halbes Dutzend aus dem eigenen Lager enthielt sich oder stimmte gegen das Gesetz. Darunter vor allem die Netzpolitiker der Fraktionen.

Jetzt kann man nur hoffen, dass der Bundesrat das Gesetz an den Untersuchungsausschuss verweist. Oder irgendwann später einmal die Feuerwehr auch der deutschen Internetgesetzgebung einschreitet: das Bundesverfassungsgericht.

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