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Archiv-Artikel

MATTHIAS URBACH über DER PERFEKTE KAUF Sanft gewürzt und fruchtig

In der Pfanne muss alles frisch sein. Tiefkühlkost? Niemals. Doch als dann das Hähnchencurrymit Basmatireis aus der Tüte und auf den Tisch kam, schmeckte es wie – äh – selbst gemacht

In der Pfanne muss alles frisch sein. Das ist mein Grundsatz. Doch meine Liebste versucht seit Jahren, das zu unterlaufen: Mal jubelt sie uns Kartoffelpüreepulver unter, mal ein wenig Fertigbackfisch mit Soße. Kurz vor der Geburt meines zweiten Kindes holte sie zum entscheidenden Schlag aus und stemmte einen Rucksack, prallvoll mit Tiefkühlkost, auf den Küchentisch.

„Schau mal“, sagte sie und hielt mir eine Tüte „Amerikanische Gemüsepfanne“ vor die Nase: „Die hier von Frosta, die haben so ein Reinheitsgebot.“

Ich schwieg.

Wer glaubt schon der Lebensmittelindustrie? Ingenieure, die „natürliches“ Brombeeraroma aus Zedernholzspäne fabrizieren, die aus Mehl, Stärke, Tomatenpulver und Aroma „Tomatenfruchtfleisch“ imitieren – und die mit Glutamat und Sojaproteinen selbst aus Klärschlamm noch Fleischgeschmack herauspressen können.

Aber meine Liebste ist pragmatisch. „Wenn erst deine Tochter da ist, wirst du froh sein.“

„Wie? Froh? Wir brauchen das Zeugs nicht. In einer guten halben Stunde zaubere ich uns leckeres Gemüse aus der Pfanne.“

Zehn Tage später. Meine Frau döste, die Tochter plärrte, mein Sohn textete mich zu. Und ich schnibbelte die erste Frosta-Tüte auf. Sie hatten mich so weit: überwürzter Fertigfraß.

Aber: Die „Amerikanische Gemüsepfanne“ schmeckte okay. Wie – äh – selbst gemacht. Etwas viel Mais, die „Butter-Honig-Sauce“ könnte sich deutlicher bemerkbar machen, der viele Knoblauch müsste nicht sein.

Dennoch war ich überrascht. Sonst verarschen Geschmacksverstärker oder Süßstoffe den Organismus: Die Substanzen signalisieren Kalorien, doch die bleiben aus. Es packt einen Heißhunger, man schlingt wie ein Mastschwein.

Frosta garantiert nun den Verzicht auf Farbstoffe, Aromazusätze, Geschmacksverstärker und Emulgatoren. Milch wird nicht mehr aus Pulver und Wasser zusammengepanscht, sondern frisch zugesetzt. Mehr noch: Selbst Zusätze, die sich längst im Haushalt durchgesetzt haben, fehlen: Sahne bleibt frei von Stabilisatoren, Salz kommt ohne Rieselhilfe aus. Wirklich jede Zutat wird deklariert. Eier aus Freilandhaltung, Brokkoli aus Ecuador. Sogar Curry wird aufgeschlüsselt.

Meine letzten Zweifel verschwanden, als ich erfuhr, dass der von mir geschätzte Ernährungsexperte Udo Pollmer Frosta bei der Umstellung beraten hatte. 60 Zusatzstoffe verbannte er aus Frostas Küche.

Der Erfolg war durchschlagend: Wenige Monate nach dem Start vor einem Jahr verlor Frosta 30 Prozent an Umsatz, weil die Reinheitsgarantie das Essen verteuerte. 2,99 Euro zahle ich im Supermarkt für ein Frosta-Gemüsegericht, 3,69 für eins mit Huhn – eine Tüte reicht für Zwei.

Neugierig futterten wir uns durchs Frosta-Sortiment. Am besten gefielen mir die Hähnchengerichte (Filet statt Pressfleisch): Ganz vorn das sanft gewürzte Hähnchencurry mit Basmatireis, Zuckererbsen, Paprika und Mango. Der Reis hat Biss, die Mango gibt eine fruchtige Note. Ähnlich gut die „Fettuccine Filetto di Pollo“ mit Hähnchen, Sahne, Cherrytomaten, Blattspinat. Etwas mächtig durchaus, aber nicht fettig – eine feine Soße. Auch die „Shanghai-Pfanne süß-sauer“ ist lecker, wenn auch mit Bandnudeln nicht ganz stilsicher angerichtet. Meine Frau schwor schon bald auf „Penne 4 Formaggi“: die Nudeln al dente, die Käsesorten fein abgestimmt. Nicht so doll fanden wir „Griechische Gemüsepfanne“ und „Maccheroni Carbonara“.

Alles war wunderbar. Dann kam die Geflügelgrippe. Dumm: Frostas Hähnchen stammen laut Zutatenliste aus Thailand. Das haben sie nun von ihrer Offenheit. Die Firmenhotline erklärte mir verschämt, „das Fleisch, das wir verwenden, ist schon etwas älter – es kommt ja tiefgekühlt in Bremerhaven an“. Man versicherte mir, dass deshalb kein verseuchtes Fleisch in die Tüten geraten sei.

Ein Glück, dass das Zeug nicht Frischware ist. Noch immer hat Frosta Hühnerfleisch „für einige Woche“ aus der Vorgrippezeit gelagert, erfuhr ich auf Nachfrage. Dann werde man auf europäisches Geflügel ausweichen.

Viel beruhigender ist, dass Menschen sich bislang nur über kranke Tieren angesteckt haben, nie durch Fleischverzehr. Das erklärte mir das Bundesamt für Risikobewertung. Beim Erhitzen auf 70 Grad stirbt jeder Grippevirus.

Selbstverständlich schmeckt meine eigene Küche besser. Und irgendwann haben wir ja auch wieder Zeit zum Kochen. Jedenfalls haben wir die Tüten ins Herz geschlossen. Allein mit Knoblauch könnte Frosta sparsamer sein – aber das ist wohl der Preis für den Verzicht aufs falsche Aroma.

Fazit: „Hähnchencurry“ sollte man mal probiert haben.

Fotohinweis: MATTHIAS URBACH DER PERFEKTE KAUF Fragen zu Tiefkühlkost? kolumne@taz.de Dienstag: Bernhard Pötter über KINDER