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Luxemburg-DokumentationNur über ihre Leiche

Heute abend im Fernsehen (23.30 Uhr, RBB): "Leichensache Luxemburg". Eine Dokumentation über die Wasserleiche, welche Rosa Luxemburg sein sollte und dann doch nicht war.

Rosa Luxemburg. Bild: ap

Im Mai 2009 präsentierte der Leiter der Berliner Rechtsmedizin, Michael Tsokos, im Spiegel eine mumifizierte weibliche Wasserleiche, die er im Keller der Charité vorgefunden hatte. Hierbei könnte es sich um Rosa Luxemburg handeln, so Tsokos.

Die historische Sensation schien perfekt; allein es fehlte ein Beweis. Die Tote aus der Charité könnte aus der fraglichen Zeit stammen, sie ist auch etwa in dem Alter gestorben, in dem Rosa Luxemburg ermordet worden war, und sie ist auch recht klein. Und hatte Rosa Luxemburg nicht auch einige Monate im Landwehrkanal gelegen, bis sie Ende Mai 1919 im Tiergarten nahe der Schleuse entdeckt wurde?

Die Dokumentation des RBB mit dem Titel "Leichensache Luxemburg" folgt heute Abend noch einmal den Spuren der Leiche. Trotz recht eindeutiger Beweislage bemüht man sich um öffentlich-rechtliche Ausgewogenheit, indem auch noch das kleinste für Tsokos und seine These sprechende Indiz von allen Seiten beleuchtet wird, während ein großer Teil der Gegenbeweise - im Film vorgetragen von dem Rosa-Luxemburg-Forscher Klaus Gietinger - nicht oder nur verkürzt zur Sprache kommen. Es wirkt, als stünde es beim Fußball 5:0 und der Reporter vermittelt den Eindruck, als läge der Ausgleich in der Luft.

Fernsehen

"Leichensache Luxemburg": Mittwoch, 23.30 Uhr, RBB

Eigentlich hatte es bisher - im Gegensatz zu den Umständen der Ermordung Rosa Luxemburgs - keinerlei Unklarheiten über den Verbleib ihrer Leiche gegeben. Der damalige Reichswehrminister Noske (SPD), für den Mord politisch verantwortlich, hatte sie beschlagnahmen und in ein Lazarett nach Zossen bringen lassen. Dort fand eine Obduktion statt und sowohl die Identität der Leiche als auch die Todesursache wurden einwandfrei festgestellt. So dachte man.

Tsokos ging nun massiv gegen dieses Gutachten vor, denn seine Fettwachsleiche aus dem Keller könnte dann ja unmöglich Rosa Luxemburg sein. Schließlich ist die Charité-Leiche niemals obduziert worden. Der taz sagte Tsokos in einem Interview, das damalige Zossener Gutachten sei unter Druck zustande gekommen, mit, so wörtlich, einer Pistole am Kopf der Obduzenten.

Sosehr sich Tsokos auch bemühte, Belege für die Identität seiner Leiche zu erbringen: es gelang nicht. Dabei wurden die eingesetzten wissenschaftlichen Methoden immer ungeeigneter: Zum Schluss hieß es, in der Zusammensetzung der Knochen der Kellerleiche sei ablesbar, dass sie in ihrem Leben mehrere Ortswechsel und Hungerphasen hinter sich brachte - für eine Zuwandererstadt wie Berlin und angesichts vieler Kriege und Krisen in den vergangenen Jahrzehnten nicht gerade ein sensationelles Ergebnis. Vor einigen Wochen fand nun die unbekannte Leiche ihren Frieden in einem anonymen Grab in Tempelhof.

Nicht erörtert wird die Frage, warum Tsokos ohne jeden Beweis mit seiner "sensationellen Entdeckung" an die Öffentlichkeit getreten ist. Auch die Rolle des Historikers und Verlegers Jörn Schütrumpf, der Tsokos als Berater zur Seite stand und unzutreffenderweise verkündete, es sei bisher keinem Historiker gelungen, das Zossener Obduktionsprotokoll einzusehen, könnte man hinterfragen. Tatsächlich hat Klaus Gietinger schon 1993 in seinem Buch "Eine Leiche im Landwehrkanal" aus diesem Protokoll zitiert. Tsokos selbst hatte Gietinger vor Jahren um eine Kopie dieses Dokuments gebeten und sie auch erhalten. Es wirkt auch wenig souverän, dass Schütrumpf und Tsokos seit Monaten ihren Kritikern konsequent aus dem Weg gehen.

Als am Montag die Dokumentation im RBB-Hochhaus am Theodor-Heuss-Platz der Presse vorgestellt wurde, tüddelte das Handy eines Kollegen. Sehr hübsch anzuhören machte es "huhu-huhu" - etwa so wie Kinder, wenn sie Geisterstunde spielen -, während man im 14. Stock des Hochhauses über Schusskanäle, Schädelfrakturen und Wasserleichen diskutierte. Leider macht die RBB-Dokumentation dem Spuk um die Leiche Rosa Luxemburgs kein Ende. Aber eine gute Seite hätte der Streit doch, da war man sich einig: Das Leben Rosa Luxemburgs, vor allem aber auch die Umstände ihrer Ermordung seien jetzt mehr Menschen bekannt als vor dem Streit.

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3 Kommentare

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  • W
    wolfgang

    @Udo Radert: Niemand hat ein Problem mit Rosa Luxemburg. Wer vermag sich denn heute in jene Zeit zu versetzen? Wer will heute objektiv beurteilen, was damals realistisch war? Die Geschichte war so offen, daß es anstelle des späteren Dritten Reiches auch eine deutsche Stalindiktatur hätte geben können. Weder war der bewaffnete Aufstand als Methode damals eine intellektuelle Glanzleistung noch die Abkehr von der Sozialistischen Internationale mit Blick nach Moskau ein Schritt in die richtige Richtung. Und mitten in den besten Jahren sterben ist auch immer unklug. Unter allen Umständen.

     

    Hat das nicht diese Woche hier in dieser Zeitung jemand in anderem Zusammenhang Biolooser genannt? Hat mich zwar schockiert, aber überzeugt.

  • R
    reblek

    "... während ein großer Teil der Gegenbeweise ... nicht oder nur verkürzt zur Sprache kommen."

     

    Ein großer Teil kommen? Warum nicht gleich "die meisten Gegenbeweise kommt"?

  • UR
    Udo Radert

    Diese Frau war eine Idealistin und genau deswegen hat auch so ziemlich jedes System ein Problem mit ihr. Entweder offen oder versteckt.

     

    Egal ob nun totalitäre Systeme wie Stalinismus, Faschismus, Islamismus oder auch Demokratien:

     

    Leute, die nicht nur schön reden, sondern tatsächlich auch meinen was sie sagen und sogar danach leben und handeln, die sind jedem System irgendwie suspekt. :-)

     

    Lug und Trug gehören nun mal zur Natur des Menschen dazu und jemand, der das nicht praktiziert, den loben wir zwar über den grünen Klee, er ist uns aber trotzdem nie ganz geheuer.

     

    Vielleicht, weil er uns selber einfach nicht so gut aussehen läßt.

     

    (Ach so: ich schließe mich persönlich da natürlich voll mit ein.)