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■ Justizministerin: AusgedackeltLuther ist tot

Das Justizministerium trug beinahe Halbmast, und alle, die ihn kannten, weinten sehr. Dr. Martin Luther ist tot.

Der Promovierte mit dem klingenden Namen war nicht etwa ein später Nachfahre des Vaters aller Evangelen. Nein, Dr. Martin Luther war ein Dackelmischling, und was für einer!

Luther war ein Prominenter – nicht zuletzt wegen seines eigenwilligen Namens und seines nicht minder eigenwilligen Frauchens, der FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Das Bayerische Fernsehen verfilmte die Biographie von „Lutherchen“ (O-Ton Schnarrenberger). Und sogar Wilfried Scharnagl, Chefredakteur des Bayernkuriers, ließ dem Tier und seinem Namen einen Kommentar widmen, natürlich einen bösen. Lange vor dem Kruzifix-Urteil witterte das CSU- Kampfblatt fast prophetisch in der Namensgebung des Vierbeiners den Untergang des christlichen Abendlandes. Wo man denn hinkäme, Dackelmischlinge nach dem Bibelübersetzer zu taufen! Sicher nicht in den Himmel. Höchstens in die Schlagzeilen.

Der Verstorbene freilich hätte es besser gewußt. Nicht die Justizministerin, sondern sein Vorbesitzer war für den – zugegeben – dackeluntypischen Namen verantwortlich: ein Journalist und Autor, der gerade, als das Tier getauft werden sollte, an einer Biographie über Martin Luther schrieb.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bekommt noch immer ein leichtes Timbre in die parlamentarisch geeichte Stimme, wenn sie an ihren Hund zurückdenkt. In Tirol, wo die Justizministerin ein Feriendomizil besitzt, hauchte der Wauwau seine Seele aus. Nach dreizehn Hundejahren wollten die Herzklappen nicht mehr ganz so wie der Hund. Heimlich, still und leise, ohne das Aufsehen der Öffentlichkeit, ist das berühmte Tier kürzlich entschlafen, würdig auch, wie es sich für einen Justizdackel gehört: im Ehebett der Ministerin. „Dabeizusein, das war das mindeste, was wir für ihn tun konnten“, meinen die Hinterbliebenen. Da ruht er nun auf seinem Tiroler Lieblingshügel mit Alpenblick. In Ewigkeit, Dackel-Amen.

Der Hund ist tot, es lebe der Hund! Dr. Martin Luther hat, kaum unter der Erde, bereits einen Nachfolger. Der ist nicht ganz so würdig, weitaus unpolitischer und – sehr zum Leidwesen seiner Pflegeeltern – frech wie Oskar. Und so heißt er auch. Wenn die Justizministerin Anordnungen erläßt, dann läßt Oskar das ziemlich kalt. Er beschäftigt sich lieber außerparlamentarisch, wuselt zielstrebig durch Starnberger Rosenbeete und hebt sein schwarzbehaartes Terrierbein auch an Stellen, wo er es besser bleiben lassen sollte.

Die Justizministerin verteidigend: „Er ist eben ein Schwarzer in einer liberalen Familie.“ Deshalb bleibt wohl auch Bonn für Oskar vorerst Bannmeile. Geht es nach Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, bekommt der Scotchterrier nur auf kommunaler Ebene ein Mitspracherecht: „Aber da wird er sicher so manche Diskussion auflockern.“

Die tiefenpsychologische Ursache für das Beet-Nässen des Hundes liegt wohl in seiner dunklen Vergangenheit. Oskar ist nämlich ein Findelhund aus dem Tierheim in Starnberg, wo Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wohnt. Dort wurde er am Bahnhof ausgesetzt und nach mehrstündigem, ergebnislosem Gewinsel ins Tierheim gebracht. Wotan nannten ihn die Tierpflegerinnen.

Paßt nicht, dachte Frauchen Schnarrenberger. Sie entschied sich für Oskar: „absolut unpolitisch“. Und Ministergatte Ernst Schnarrenberger bestätigt: „Wir haben ihn schließlich nicht Scharnagl genannt.“ Leslie Rowe

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