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Archiv-Artikel

Luftwaffe erwartet hohe Verluste

Alte Jagdflugzeuge werden an Polen übergeben. Minister Struck verteidigt den Kauf von 180 Eurofightern

BERLIN taz ■ Auf mehr als die Hälfte ihrer Kampfflugzeuge muss die Luftwaffe künftig verzichten: In den nächsten Jahren soll die Zahl der Flieger von jetzt 426 auf 265 sinken. Das teilte das Verteidigungsministerium gestern in Berlin mit.

Die verbleibenden Flugzeuge werden dann überwiegend neu angeschaffte Eurofighter sein. Verteidigungsminister Peter Struck will 180 der modernen Kampfflieger einkaufen. Darüber hinaus wird die Luftwaffe im Jahr 2015 nur noch über 85 „Tornado“-Jagdbomber verfügen. Die Jagdflugzeuge vom Typ MiG 29 wird Deutschland im Sommer an Polen übergeben; auch die „Phantom“-Jagdflugzeuge werden abgeschafft.

Struck, der die Bundeswehr rigoros umbauen will, verteidigt seine Pläne, für 18 Milliarden Euro Eurofighter einzukaufen, obwohl er an anderer Stelle massiv spart. Er verweist auf die Pflichten gegenüber den europäischen Partnern. „Wir halten uns an die Verträge, die wir unterschrieben haben“, so der Minister. Sein Problem: Verringert er die Bestellung ohne Absprache mit Großbritannien, Spanien und Italien, dann drohen gemäß den Eurofighter-Verträgen hohe Strafen.

Das Kampfflugzeug, das zurzeit Deutschlands größtes Rüstungsprojekt ist, stand im Laufe seiner 25-jährigen Entwicklung mehrfach vor dem Aus. Experten bezweifeln, dass seine Anschaffung militärisch sinnvoll ist.

Struck, der die Bundeswehr für Einsätze „in der ganzen Welt“ ausrüsten möchte, will in den nächsten Jahren rund 26 Milliarden Euro einsparen – und die Streitkräfte zugleich so organisieren, dass sie ihren neuen Aufgaben gewachsen sind. Dazu gehört auch die Schließung von 100 Standorten. Denn mit der neuen Strategie wird die weit verstreute Präsenz der Bundeswehr, die auf die herkömmliche Landesverteidigung abzielt, überflüssig.

Das aber löst Ängste in den Kommunen aus. Längst warnt etwa der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund vor einem „Kollaps“ ganzer Regionen. „Bei uns gibt es außer den 3.000 Dienststellen der Bundeswehr nicht viel“, sagt auch Ralf Gottschalk. Er ist Bürgermeister der Kleinstadt Torgelow in Vorpommern, direkt an der polnischen Grenze. „Jeder Einschnitt würde uns wehtun“, so Gottschalk.

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, hält den Sparkurs trotzdem für sinnvoll. Er trage das Vorhaben mit, „sich auf das zu konzentrieren, was von der Bundeswehr wirklich verlangt wird, und die Fähigkeiten aufzugeben, die wir aktuell nicht mehr brauchen“, sagt Gertz. Und: „Wir sind kein Verein zur strukturpolitischen Entwicklung.“ Gertz geht davon aus, dass vor allem Standorte in Westdeutschland geschlossen werden. In die Kasernen im Osten hat die Bundesregierung nach der Vereinigung sehr viel Geld investiert – sie sind heute deutlich moderner.

Die FDP verlangt angesichts der Reformen eine verfassungsrechtliche Klarstellung über die Zukunft der Wehrpflicht. Die Pläne Strucks würden auf die Abschaffung des Wehrdienstes hinauslaufen, sagt der liberale Fraktionschef Wolfgang Gerhardt: „Struck weicht der Kernfrage ständig aus, dass die Wehrpflicht nicht erhalten werden kann.“

ANDREAS SPANNBAUER