Luftverkehr nimmt wieder zu: Sushi-Lachs wird knapp

Die Passagierflugzeugen starten und landen wieder. Von Normalbetrieb kann jedoch keine Rede sein. Flugsicherung verlängert das Flugverbot bis Dienstag 20 Uhr.

Flughafen Stuttgart: Endlich wieder zu Hause. Bild: dpa

HAMBURG/FRANKFURT dpa/apn/afp | Die Deutsche Flugsicherung (DFS) hat das deutschlandweite Flugverbot bis Dienstag, 20.00 Uhr, verlängert. Trotz dieser Luftraum-Sperre nimmt der Betrieb auf den deutschen Flughäfen seit Dienstagmorgen zu. Flüge mit Sondergenehmigung sind aber seit Montag erlaubt. Airlines schickten daraufhin ihre Maschinen vor allem nach Übersee oder in Feriengebiete, um deutsche Touristen zurückzufliegen. Am Dienstag werden noch mehr Flüge, bei denen die Piloten nach Sicht fliegen müssen, erwartet.

Auf dem Airport in Frankfurt am Main waren am Montag schon jeweils rund 25 Maschinen gestartet und gelandet. Am Dienstag sollten es nach Angaben eines Sprechers deutlich mehr werden. Die Lufthansa plant für den Tag 140 Flüge. In München will die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Air Berlin ihr reguläres Programm wieder aufnehmen. Ein Flughafensprecher rechnete mit 457 Flügen, was etwa 40 Prozent eines normalen Flugtages entspreche.

In Berlin hob kurz nach 6.00 Uhr der erste Flieger in Richtung Palma de Mallorca ab. DFS-Sprecherin Kristina Kelek erklärte, für Starts und Landungen seien aber regionale Genehmigungen nötig. Bereits am Montagnachmittag war nach der teilweisen Lockerung des Flugverbots wieder das erste Flugzeug von Berlin abgeflogen. Der Flugverkehr mit Sondergenehmigung dauerte bis gegen Mitternacht. Die Flugzeuge dürfen laut einer Sondergenehmigung der Deutschen Flugsicherung sogenannte kontrollierte Sichtflüge in niedrigerer Höhe vornehmen.

Auch in den Nachbarländern wird der Luftverkehr derzeit wieder hochgefahren: 75 Prozent des Luftraums über dem europäischen Festland sind seit Dienstag wieder offen, teilte die Flugsicherheitsbehörde Eurocontrol mitteilte.

Die Vulkanwolke hat bis ins weit entfernte Japan Auswirkungen: Wegen des Flugverbots der vergangenen Tage gehen im Land des Sushi die Lachs-Vorräte aus. Etwa 90 Prozent des in Japan verspeisten frischen Lachses stammt aus Norwegen, ein Großteil davon kommt normalerweise mit dem Flugzeug. Auf dem Fischmarkt Tsukiji in Tokio, dem größten der Welt, herrschte deshalb Trauerstimmung. "Es kommt überhaupt nichts mehr an", sagt ein Händler. "Ich bete, dass die Störungen bald ein Ende haben." 20 Kilo Lachs verkauft er normalerweise an einem Tag. Jetzt liegen nur drei magere Scheiben in der Auslage.

Widersprüchliche Angaben hatte es in der Nacht zum Dienstag vom Vulkan am Eyjafjalla-Gletscher gegeben. Die britische Flugsicherung Nats teilte mit, dass sich eine neue Aschewolke nähere. Die Situation in England "verschlechtere" sich, so die Behörde.

Dagegen teilte das Meteorologische Institut in Reykjavik mit, der Gletschervulkan schicke kaum noch Asche Richtung Europa. Der Vulkan sei zwar weiter unvermindert aktiv, stoße aber immer mehr Lava statt Wasserdampf und Asche aus. Außerdem erreiche die Rauchsäule nur eine sehr geringe Höhe. Die Chefin des Vulkanologischen Institutes in Reykjavik, Rikke Pedersen, nannte die jüngste Entwicklung bei dem Ausbruch "optimal" für die Lösung der Luftfahrt-Probleme in Europa.

Am Montag hatten die Verkehrsminister der 27 EU-Staaten eine Lockerung der Flugverbote beschlossen. Der Luftraum solle in drei Zonen unterteilt werden und nur dort geschlossen werden, wo eine bestimmte Konzentration der Asche überschritten wird. Entscheidende Kriterien werden Satellitenbilder und Daten der Aschewolke sein.

In Deutschland stieg am Montag erstmals ein Forschungsflugzeug in die Luft. In Oberpfaffenhofen bei München startete die Maschine zu einem knapp vierstündigen Rundflug. Die Falcon 20 E sei über Leipzig bis an die holländische Grenze geflogen, um die Dichte der Ascheteilchen in der Luft und ihre Größe zu messen, so die Forscher.

Unterdessen haben die Milliardenschäden durch die Flugausfälle die deutsche Wirtschaft alarmiert. Bundesregierung und Industrie setzten am Montag eine Arbeitsgruppe ein. Erste Diskussionen über staatliche Hilfen für Airlines wurden laut. Die Fluglinien hatten sich in den vergangenen Tagen darüber beschwert, dass das Flugverbot nur aufgrund von Computeranalysen ausgesprochen worden sei.

In die Schusslinie geriet dabei vor allem Verkehrsminister Peter Ramsauer. Kritik erntete der CSU-Politiker auch aus der eigenen Bundestagsfraktion. Der CDU-Obmann im Wirtschaftsausschuss, Andreas Lämmel, sagte: "Verkehrsminister Ramsauer muss sich fragen lassen, wie die unterschiedlichen Bewertungen zu erklären sind. Es darf nicht sein, dass wir uns angesichts der immensen wirtschaftlichen Schäden vor allem im Tourismus allein auf Messungen berufen, die höchst umstritten sind."

Die in Deutschland nach Sichtflugregeln startenden und landenden Flugzeuge durchfliegen nach Angaben der Deutschen Flugsicherung auch Luftschichten mit Asche darin. Der Unterschied zu dem sonst üblichen Verfahren liege im Wesentlichen nur in der Verantwortung, die dann nicht bei der Flugsicherung liege, sagte der Sprecher der Flugsicherung, Axel Raab. Er widersprach damit Berichten, wonach die Piloten unter der Aschewolke hindurch fliegen.

Die Piloten würden zum Beispiel auf eigene Verantwortung starten und nach etwa zehn Minuten eine Höhe von rund 6.000 Metern erreichen, sagte Raab. Dabei würden sie auch durch diejenigen Luftschichten fliegen, die der Flugsicherung als "kontaminiert" gemeldet seien. Da die Aschewolken unterhalb von etwa 6.000 Metern lägen, beginne darüber der ganz normale Flug, der auch im deutschen Luftraum wieder von den Lotsen gesteuert werde. Auch beim Landeanflug würden die Maschinen etwa zehn Minuten brauchen, um von 6.000 Metern Höhe im Sichtflug bis zum Boden zu gelangen.

Der Unterschied zu der sonst üblichen Steuerung der Flüge durch Lotsen liege in der Verantwortung im unteren Luftraum. "Diese Verantwortung können wir nicht übernehmen", sagte Raab. Nach Einschätzung von Raab können die Piloten die Vulkanasche auch nicht umfliegen. "Die Aschewolke ist nicht sichtbar." Auch während des Sichtfluges erhielten die Piloten aber Unterstützung durch die Lotsen. "Die Fluglotsen lassen die Maschinen nicht ins offene Messer fliegen."

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