Loveparade - die Erste: Für Friede, Freude, Eierkuchen

137 Menschen zogen 1989 zu Technomusik über den Kudamm. Doch was damals Avantgarde war, wurde schnell zum Massenphänomen.

Summer of love: Liebe war bereits 1989 das Motto der Techno-Bewegung. Bild: ap

BERLIN taz | Es war Sommer. Es war der 1. Juli 1989. 137 Leute, so will es die Überlieferung, zogen unter dem Motto "Friede, Freude, Eierkuchen" über den Berliner Kurfürstendamm, inspiriert von der englischen Acid-House-Bewegung, die ein Jahr zuvor ihren "Summer of Love" erlebt und irgendwie auf den amerikanischen "Summer of Love" von 1967 geantwortet hatte. Doch binnen kurzer Zeit entglitt Techno der popmusikalischen Avantgarde und wurde zu einem Massenphänomen.

Ab Mitte der Neunzigerjahre, als die Parade in den Tiergarten um- und ständig mehr Besucher anzog, meinten viele Raver der frühen Stunden, dass der Techno oder zumindest die Loveparade am Ende seien. Doch im Moment ihrer Expansion wurde sie erst zu dem, das sie immer sein wollte: Riesenparty und politische Demonstration.

Das Tanzen, oder dass so viele Menschen aus völlig unterschiedlichen Klassen und Verhältnissen friedlich miteinander feierten, galt als politisch und war es wohl auch. Der zivilisatorische Fortschritt von Techno bestand darin, die Figur des Popstars weitgehend abzuschaffen, das Tanzen in Richtung der Bühne durch das Tanzen miteinander zu ersetzen und auf Slogans, unter denen man sich versammelte, zu verzichten.

Die Comic-haften Mottos ironisierten die wohlfeilen Parolen politischer Demonstrationen. Dass der linke Berliner Loveparade-Erfinder Dr. Motte kurze hippieeske Reden hielt, die von vielen Besuchern belächelt wurden, geschah zunächst unfreiwillig. Diese Reden waren nötig für den Status als politische Demonstration.

Einerseits ging die Loveparade dann Richtung Karneval, Volksfest, die Musik von den Wagen wurde immer kirmestechnomäßiger, das Publikum immer beliebiger. Andererseits hielt das abschließende Auflegen vor der Siegessäule einen hohen Standard, an den Loveparadewochenende liefen die Clubs zur Bestform auf, dazu die Raver aus aller Welt - super!

Während das Label zu einem Exportgut avancierte, wurde 2001 der Loveparade der Status der politischen Demonstration aberkannt. Weil die Veranstalter, die nun die Kosten für die Müllbeseitigung bezahlen mussten, Minus machten, wurde die Parade 2004 erstmals abgesagt. Stattdessen fand eine "Fight the power" betitelte Demonstration für den Erhalt der Loveparade und "gegen Ignoranz gegenüber der Berliner Clubkultur". Auf der alten Route liefen vielleicht 20.000 Leute durch die Stadt, eine schöne, letzte Reminiszenz an Spirit des Anfangs.

Im Jahr 2006 fand die Parade zum letzten Mal in Berlin statt. Wieder kamen 1,2 Millionen Menschen, Hauptsponsor war erstmals die McFit-Fitnesskette. Wer Jahre zuvor einen "Ausverkauf" beklagt hatte, durfte sich jetzt bestätigt fühlen - geflissentlich übersehend, dass trotz aller Kommerzialisierung die Loveparade immer eine riesige, kostenlose Party war.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.