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Londoner Gericht entscheidetAssange darf ausgeliefert werden

Ein britisches Gericht hat entschieden, dass der Wikileaks-Gründer nach Schweden ausgeliefert werden darf. Doch noch will Julian Assange nicht aufgeben.

Jeder Schritt wird beobachtet: Julian Assange in London auf dem Weg ins Gericht. Bild: reuters

DUBLIN taz | Julian Assange soll an Schweden ausgeliefert werden. Das hat das Londoner Amtsgericht in Belmarsh am Donnerstag entschieden. Richter Howard Riddle wies sämtliche Argumente zurück, die die Verteidigung des Wikileaks-Gründers bei einer zweitägige Anhörung Anfang des Monats vorgebracht hatte. Assanges Anwälte kündigten an, Berufung einzulegen. Dazu haben sie sieben Tage Zeit. Andernfalls wird der 39-Jährige in zehn Tagen ausgeliefert. Die Staatsanwaltschaft Göteborg will den Australier zu den Vorwürfen der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung befragen, die zwei Frauen gegen ihn erhoben haben.

Eine der beiden Frauen hat ausgesagt, Assange habe gegen ihren Willen ohne Kondom mit ihr Geschlechtsverkehr gehabt, die andere wirft Assange vor, sie im Schlaf vergewaltigt zu haben. Das seien auch in Großbritannien Straftatbestände, sagte Riddle, und deshalb sei die Auslieferung rechtmäßig.

Assange bestreitet die Vorwürfe. Er hatte sich Anfang Dezember in London der Polizei gestellt, nachdem Schweden einen europäischen Haftbefehl gegen ihn erlassen hatte. Seitdem steht er in Großbritannien unter Hausarrest. Da im schwedischen Rechtssystem aber keine Freilassung auf Kaution vorgesehen ist, kommt Assange nach dem gestrigen Urteil wohl bis zum Berufungsprozess in London ins Gefängnis.

Die Verteidigung hatte versucht, die Glaubwürdigkeit der schwedischen Staatsanwältin Marianne Ny infrage zu stellen. Riddle wies das zurück: Die Äußerungen der pensionierten schwedischen Richterin Brita Sundberg-Weitmann, die Ny als "bösartige, radikale Feministin" bezeichnet hatte, die "gegen Männer voreingenommen" sei, basierten lediglich auf Hörensagen. Assange habe sich der Vernehmung entzogen, bevor er Schweden verlassen habe, sagte Riddle.

Er gehe davon aus, dass das mit Absicht geschehen sei. Es sei durchaus nachvollziehbar, dass Ny wünscht, ihn in Schweden und nicht in Großbritannien zu vernehmen. Klar sei auch, dass sie Assange anklagen wolle. Deshalb sei sie entgegen der Behauptung der Verteidigung sehr wohl berechtigt gewesen, vor der offiziellen Erhebung einer Anklage den europäischen Haftbefehl auszustellen.

Diese Art von Haftbefehlen, die 2003 eingeführt wurden, sollten die Auslieferung mutmaßlicher Terroristen vereinfachen, werden aber zunehmend auf andere Fälle angewandt. Assange befürchtet, dass ihn die schwedischen Behörden weiter an die USA ausliefern könnten. Die dortige Justiz prüft zurzeit, ob sie gegen Wikileaks und Assange wegen der Veröffentlichung geheimer Unterlagen vorgehen kann. Einer Auslieferung Assanges von Schweden an die USA müsste die britische Justiz allerdings zustimmen.

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14 Kommentare

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  • L
    Lucia

    Im Zeitalter der Konferenzschaltungen gibt es keinen einzigen logisch Grund, das Verhör auf schwedischem Boden zu erzwingen.

    Niemand zwingt die schwedische StA zu solchem Irrsinn. Kann sich also nur um eine Machtdemonstration handeln.

     

    @ Seeräuber-Jens:

    >>...Und eine Frau im Schlaf zu vergewaltigen IST kein Kavaliersdelikt,..

  • S
    Seeräuber-Jens

    Sorry, Leute, aber Ihr Netheads habt echt einen an der Klatsche. Ihr seid echt paranoid. Ist das eigentlich schon als Berufskrankheit anerkannt?

     

    Schweden - »Regierungsterroristen«? Nee, nä?

     

    Wieso soll die Wahrscheinlichkeit, aus Schweden in die USA ausgeliefert zu werden in die USA, größer sein als aus dem USA-hörigen U.K.? Und: Wenn das U.K. ausliefert, und Schweden will A. weiterreichen in die USA, dann muß das U.K. dem noch mal eigens zustimmen. Um der Auslieferung aus dem U.K. in die USA zu widersprechen steht A. nur der britische, in Schweden der schwedische UND der britische Rechtsweg offen. Und das kann sich hinziehen …

     

    Sollte man aber davon ausgehen, daß nicht alles mit rechten Dingen zugeht, wäre es für den CIA einfacher, A. aus einem schwedischen Hochsicherheitstrakt zu kidnappen und aus staatlicher Hand, oder von einem britischen Landsitz?

     

    *

     

    A. hat ein Unterhosenproblem und identifiziert das mit Wikileaks, das ist alles. Die Anzeigen wie Anklagen bestehen völlig zu Recht, die Taten selber werden von A. auch überhaupt nicht mehr bestritten, nur anders bewertet (a la “Die dummen Puten sollen sich mal nicht so anstellen!”). Welche Gegenvorschläge, wenn A. nicht nach Schweden überstellt werden soll, habt Ihr denn eigentlich, daß der Mann seiner gerechten Strafe zugeführt wird? Und eine Frau im Schlaf zu vergewaltigen IST kein Kavaliersdelikt, ein Typ, der sowas macht, GEHÖRT in den Bau, und wenn er Mahatma Gandhi höchst persönlich wäre!

  • PH
    Peter Heister

    Rechtstaatlichkeit in Schweden????? Klar und deutlich FRAGEZEICHEN. Das Land mit der Neutralität, mit der langen Friedenszeit. Stimmen in SE werden langsam laut, die sich fragen, ca 200 Jahre Frieden (1809) auf Grund unserer guten Politik oder wegen unserer Feigheit? Man kann sich selbst seinen Teil dazu denken.

    Die Staaten werden sich den Herrn ASSANGE holen, SE hat nicht die Charakterstärke den USA ein NEIN zu sagen. Warum sind die Amerikaner interessiert an dieser Person? Da kann noch eine Menge politisch aufgedeckt werden, was dem einem oder anderen sicher Komplikationen bringen würde. Und das wollen die Amis nicht. Die Sache mit den beiden Frauen ist nicht der Hauptgrund. SE dient einfach nur als Werkzeug der USA.

  • PH
    Peter Heister

    Rechtstaatlichkeit in Schweden, machen wir doch einfach ein großes FRAGEZEICHEN dahinter? Schweden verteckt sich sehr lange hinter Argumenten,wie Neutralität und wir haben ja seit ungefähr 200 Jahren keinen Krieg mehr (1809 muss dies gewesen sein).Also denkt der normale Schwede, klar wir haben alles richtig gemacht. Gut, aber langsam hört man doch immer mehr schwedische Stimmen die sagen 200 Jahre Frieden, Resultat von guter Politik oder Feigheit? ( denkt Euch Euren Teil) Gut man könnte dies noch tiefgreifender untersuchen, dies würde aber im Endefekt zu stark abtreiben.

    Schweden ist einfach nicht so stark und so mutig den Amerikanern ein deutliches NEIN,wie es vielleicht von Frankreich oder Deutschland kommen würde, entgegen zu bringen. Die USA wird sicherlich ohne größere Probleme oder sagen wir einfach ohne Widerstand, an die von ihnen eingeforderte Person herankommen.

    Politisch wird da noch einiges mehr dran hängen, ansonsten wären unsere Freunde in Übersee nicht so extrem an dem Herrn Assange interessiert. Wer weiß was alles auffliegen würde,wenn er auspacken würde, was dem einen oder anderen, schlicht und einfach gesagt, Komplikationen bringen würde. Die Geschichte mit den beiden Frauen, so vermute ich, wird nicht mal das Wesentliche sein. Schweden wird auf Grund seiner Charakterschwäche als Werkzeug benutzt.

  • FK
    Fritz Katzfuß

    Ich finde Schwedens gesetzgebung einen riesigen Skandal, als Mann üwrde ich mich nicht mehr nach Schweden trauen. Einmal bumsen, schon im Knast. Wie früher in den USA. Wohin der arme Mann danach ausgeliefert werden wird, ein Märtyrer des M

    Menschenrechts auf freie Informationsbeschaffung.

  • T
    tystie

    Es ist doch voll ok, wenn die englische Staatsjustiz bei Assange nicht den gleichen Fehler machen will, wie bei Pinochet.

  • M
    Michael

    Ich habe gestern eine ausführliche Untersuchung zum schwedischen Zeitungswesen gelesen (s. Link - auf Englisch). Wenn man das liest, wird einem sehr deutlich, wieso die Gefahr für Assange, aus Schweden an die USA ausgeliefert zu werden größer ist, als aus GB. Da Schweden so eine kleine Gesellschaft ist, ist es für schwedische Journalisten existenzbedrohend, sich dem herrschenden Konsens zu entziehen: Sie finden schlicht keinen Arbeitgeber mehr, falls sie mehr als einmal einen Bruch mit ihrer Redaktion riskieren.

     

    http://ferrada-noli.blogspot.com/2011/02/v-behaviorurldefaultvmlo.html

     

    Hat Schweden eigentlich schon seine Beteiligung an den CIA-Entführungen aufgearbeitet? Ich glaube, es gab dort noch nicht einmal eine Anklage deswegen, oder? Dabei waren schwedische Regierungsmitglieder beteiligt?

     

    Vorbildlicher Rechtsstaat Schweden?

  • BG
    Bernd Goldammer

    Ein internationales Schurkenstück. Freiheit und Rechtsstaatlichkeit wird dadurch lächerlich gemacht. Bis heute können die Schweden nicht sagen, wer ihren unvergessenen Regierungschef Olof Palme beim friedlichen Kinogang ermordet hat.Zu den Attentatsfolgen gehörte damals der Zusammenbruch der Nichtpaktgebundenen- Staaten-Bewegung.Auch viele schwedisch- us-amerikanische Militärmanöver sind schon bekannt geworden und Geheimdienste haben ihre eigenen Völker missbraucht. Die schwedische Justitz und auch die Polizei dieses Landes wirken heute so "glaubwürdig" wie die CIA und das FBI. Alle wollen ihre vielen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" verdecken. Ich werde für Julian Assange eine Kerze ins Fenster stellen.

  • H
    hallo?

    @sachmed

    Trag es mit Fassung. Auf eine Anzeige kommt es - auch in Deutschland - nunmal zu Recht nicht an. Es gelten der Amtsermittlungsgrundsatz und das Legalitätsprinzip. Wenn die Staatsanwaltschaft von dem Verdacht einer Straftat erfährt, dann muss sie von Amts wegen ermitteln. Sonst käme ja der brutale Täter, der das Opfer so einschüchtert, dass es keine Anzeige erstattet davon, selbst wenn der Staatsanwalt daneben steht oder die Tat auf Video hat.

     

    Das ist ein ganz normaler Vorgang der Auslieferung. Alles andere ist wilde Spekulation, die - jedenfalls durch den Vorgang an sich - nicht belegt ist.

  • N
    noppse

    Nach dem "Nicht" Rücktritt von "Baron Münchhausen "nun die 2.Horrer Nachricht dieser Woche!Man fühlt sich nur noch verarscht und den Mächten der Finsternis sei es hier oder in USA völlig ausgeliefert. Ich hoffe Julian Assange hat noch eine Trumpfkarte im Ärmel.Schlimm, das alles!

  • D
    duft

    glaub ich nicht. und das usa-auslieferungsgelaber kann ich auch nicht mehr hören, denn die wahrscheinlichkeit von gb nach usa ausgeliefert zu werden ist nicht geringer als die, von schweden aus nach usa.

    hat auch der neue sprecher kristin hrafnsson von wikileaks schon mal verlauten lassen, dass es hier um etwas zwischen assange und 2 frauen geht und da nichts politisches dahinter steckt.

    insofern wärs gut, wenn dieses ego mal etwas kürzer treten, in seinem privatleben ordnung schaffen und nicht eine wirklich gute idee kaputt machen würde.

  • PH
    Peter Heister

    Genau,man macht etwas passend. Ist Asssange erst in Schweden, wird er schnellstens in die USA überführt werden. Was wird dann mit ihm passieren?

    Wir können Schweden als den 51. Bundesstaat der USA betrachten. Schweden ist so eine Geschichte die man immer skeptisch betrachten sollte. Die sind so so still,heimlich,unauffällig und arbeiten im Hintergrund. Keiner achtet groß auf dieses Land.

  • CH
    Christian Heyne

    Mr. Julian Assange darf nicht den schwedisch amerikanischen Regierungsterroristen ausgeliefert werden. Die englische Regierung und Justiz haben erwartungsgemaess gehandelt: Sogar Kriegsverbrecher Tony Blair ist immer noch nicht vor Gericht in England oder Den Haag. Die Veroeffentlichungen von Wikileaks haben schon jetzt die politische Un-ordnung der Welt, unserer Welt, zum Besseren veraendert, aufgeraeumt...wir werden die Mutigen in dieser Welt nicht im Stich lassen!

  • S
    sachmed

    das stinkt gen himmel. die frauen hatten nicht einmal klage erhoben . da wird etwas passend gemacht.