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■ LokalterminIm Universum des Disco-Lichts

Im Universum des Disco-Lichts

Es sollte die »aufregendste Nacht der Nächte in Berlin« werden. Am Donnerstagabend eröffneten Herr und Frau Pontikas im ehemaligen Panoramakino in der Budapester Straße das »Magic Balloon«, die angeblich modernste Discothek Europas. »Around the world in one night«, lautete das Motto, aber zunächst durfte nur die Croissanterie des Basements bewundert werden. Denn vor der Pforte stauten sich die — allesamt geladenen — Massen, weil von einer gestrengen Dame nur »eingebeten« wurde, wer garantiert weder Jeans noch Baumwollhemd trug.

Bei Quiche und Käse im Blätterteig suchte man eine Annäherung an das metropolitane Discoleben. Zunächst fielen die Farben auf, in denen nicht nur die »Croissanterie« sondern auch Discothek und »Pianobar« des Magic Balloon, so vor sich hin leuchteten. Es waren die Abfalltöne der 91er Farben, die hier noch einmal verramscht werden sollten. Verschiedene Stufen von Pink, Violett, gar Heidelbeereisblau versuchten sich vergeblich und ein wenig anachronistisch mit dem Charme affiger Neonbars der frühen achtziger Jahre zu verbünden, während draußen die Schlange derer, die so gerne ins Heiligtum hineinwollten, ein wenig abnahm.

Eine Art »Time-Tunnel« führte einen in die Siebziger der Butterfahrten. An einer als weißer Flügel getarnten Hammondorgel saß »Roland« und verlor sich in lebensunlustigen Evergreens. Während sich unter seinen unverdrossenen Bemühungen die Pianobar leerte, trat das Foto von Herrn und Frau Pontikas auf der Getränkekarte in den Vordergrund: Kajalstift und blondiertes Haar, Smoking und Koteletten vor himbeerrotem Hintergrund zwischen den Preisen. Klasse! 10 oder 12 Mark für ein Bier, der Cocktail kostet 20 Mark. Lediglich die kostbaren Spiegel zeugten von gutem Geschmack. Da und dort standen verschwörerisch dunkelhaarige Ordner zusammen, die in ihren schwarzen Anzügen zu den Bestgekleideten des Abends zählten. Wäre die Türsteherin konsequent gewesen, hätte sie allein die Angestellten einlassen dürfen.

Vielleicht hätten auch die Fürst- Metternich-Sektknaben vor ihren undurchschaubaren Augen Gnade gefunden: In Berliner-Kindl-Kostümen verteilten sie höflich schweigend das prickelnde Getränk. Der Rest der Gäste trug leuchtende Dinerjacketts oder zu spitzen Pumps zipfelige Gazeröcke, glänzte mit Schnurbärten oder imponierte mit Manta-Spoiler-Frisuren. Die aufregendste Nacht des Jahres erreichte ihren Höhepunkt in einer äußerst ambitionierten Lightshow: Lange Zeit hatten berühmte Art-Lab-Worker wie »Dipl. Ing. Heinz-Jürgen Lokys«, Bob Lenox (New York!!), Ralf Ronneberger (Laser Technician!!) und andere Männer an der Ouvertüre zu »A Day in the Life of the Universe« gewerkelt. Mehr wird hoffentlich folgen, und »dieser absolut geleisteten Kunst«, zu der ein paar Herren 3-D-Brillen verteilten, gelang es aufs trefflichste, sich pompös dann irgendwo in der rührend asexuellen Moderne 10jähriger Fischer-Technik-Fans einzurichten, zwischen frühem Spielberg, Barclay James Harvest, ein wenig Calypso und richtungsweisender Muzak herumzufahren. »Licht, jede Menge Licht, dafür ist der Björn hier.« Ab und an murmelte jemand »schrecklich« oder »ganz furchtbar«, und die »aufregendste Nacht des Jahres stürzte traurig ab — die Getränke an der Bar mußten auch noch bezahlt werden.

»Magic Balloon — Dance-Light- Laser-Show, Pianobar, Croissanterie«; Budapester Straße 38, Schöneberg

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