piwik no script img

KommentarLokale Betäubung

■ Eine Stadt vergrault ihre Kinder

Einer der Geschäftsführer der Bremischen verläßt die Stadt. Ein Grund, Aufhebens zu machen? Abgang ist schließlich überall. Und doch: Nicht daß Michael Haack geht, sondern wie er geht und warum, das lohnt, noch mal genauer hinzugucken. Haack geht mit gemischten Gefühlen, und diese gemischten Gefühle scheinen sich langsam bei all denen breitzumachen, die in dieser Stadt noch war bewegen wollen. Da ist die Identifikation mit Bremen, die freie Stadtluft, die vieles zuläßt – da ist aber auch die Verzweiflung, wie wenig sich bewegt, trotz der dramatischen Lage des Landes.

Den Klügeren und Dynamischeren in den Bremer Chefetagen, den Jüngeren und Zugereisten zumal, steht der typisch bremische Diskurs bis Unterkante Oberlippe. Ein jeder kann doch schon im voraus mehrstimmig singen, wie beispielsweise die Diskussion um eine neue Straßenbahnlinie abläuft und wie sie ausgeht. Die Beispiele sind Legion. Es treten auf: Die ideologischen Grabenkrieger, denen im Zweifel jedes Sachargument egal ist, und um sie 'rum eine Verwaltung, bei der man nur noch schwer zwischen Schlafmützigkeit und Eigeninteresse unterscheiden kann. Am Ende waren alle beschäftigt, nur passiert ist nichts. Die Bremer Diagnose lautet: lokale Betäubung. Daß sich lebendige Menschen daraus lieber entfernen, das ist nur allzu verständlich. Die Stadt vergrault ihre Kinder – schlechtere Zeichen für die Zukunft gibt es kaum. Jochen Grabler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen