Die Absage von Günther Jauch zeugt nicht von einer Krise der ARD : Lob der Transparenz
Seit Günther Jauch darauf verzichtet hat, die Nachfolge von Sabine Christiansen zu übernehmen, übt sich die ARD mal wieder in schönster Kakofonie. Intendanten befehden sich öffentlich, wer denn nun die Schuld an der Absage trägt; eine Intendantin sieht deshalb gar einen „erheblichen Imageschaden“ heraufdämmern. Und die Bild-Zeitung kann den ungeliebten Anstaltsverbund endlich mal wieder nach Herzenslust runterschreiben.
Aber wieso eigentlich? Da haben endlich mal ein paar Aufrechte den Mut gehabt, bei einer im üblichen ARD-Konsens gefassten Entscheidung noch mal kritisch nachzuhaken. Bei der mehr als umstrittenen Vertragsverlängerung des ARD-Sportkoordinators Hagen Boßdorf machte gerade mal eine Intendantin den Mund auf. Und es brauchte schon die Margarinespur eines Schleichwerbevorwurfs, um Boßdorf am Ende loszuwerden.
Was ist denn daran verwerflich, wenn ein pluralistischer Haufen wie die ARD sich eine Meinungsverschiedenheit leistet und diese halbwegs offen und ehrlich austrägt? Stets wird bei den Öffentlich-Rechtlichen mehr Transparenz verlangt. Jetzt ist sie da – und dann ist es auch wieder nicht recht.
Dabei stellt sich die Frage, ob sich die ARD mit einem Moderator Jauch, der zugleich bei RTL arbeitet, nicht einen noch erheblicheren Imageschaden eingefangen hätte. Man mag von Christansens Talksendung halten, was man will – ganz die Untiefen von „Stern TV“ hat das Format jedenfalls noch nicht erreicht. Ausgerechnet der Bild-Chefkolumnist Franz-Josef Wagner brachte es auf den Punkt, als er Jauch „einen Dieter Bohlen, der sich benehmen kann“ nannte. Auch bei der Bild-Zeitung ist man also offensichtlich geteilter Meinung über den Moderator – und auch dieser Pluralismus hat ja etwas höchst Positives für sich.
Wenn sich die ARD nun bei ihrer Suche nach einem neuen „Herrn Christiansen“ konsequent verhält und journalistische Kompetenz über die Eifersüchteleien zwischen den einzelnen Anstalten stellt, dann droht dem Senderverbund am Ende vielleicht sogar ein erheblicher Imagezuwachs: Nicht auszudenken! STEFFEN GRIMBERG