Ljajic tritt zurück: Serbiens "Mladic-Jäger" schmeißt hin
Der Chefkoordinator für die Zusammenarbeit mit dem UN-Tribunal in Den Haag, Rasim Ljajic, gibt entnervt seinen Job auf. Der mutmaßliche Kriegsverbrecher Ratko Mladic ist immer noch auf der Flucht.
BELGRAD taz | Der Leiter des Teams der serbischen Regierung für die Zusammenarbeit mit dem UN-Tribunal für Kriegsverbrechen, Rasim Ljajic, ist zurückgetreten. "Ich hatte versprochen, dass wir bis Jahresende alle Verpflichtungen gegenüber dem Tribunal erfüllen und dieses Kapitel abschließen. Das ist nicht geschehen", begründete Ljajic seinen Rücktritt. Der ehemalige bosnisch-serbische General Ratko Mladic und der serbische Politiker aus Kroatien, Goran Hadzic, sind weiter flüchtig.
Seit 2006 koordinierte Ljajic einen gemeinsam mit dem Tribunal ausgearbeiteten Aktionsplan, dessen Durchsetzung zur Verhaftung und Auslieferung der zwei wegen Kriegsverbrechen gesuchten Serben führen sollte.
Ljajic Rücktritt vom Amt des Hauptverantwortlichen für das Katz-und-Maus-Spiel vor allem mit dem flüchtigen General, dem Völkermord an Muslimen angelastet wird, war weder eine Überraschung noch ein Protestakt. Aus Regierungskreisen erfährt man, dass Ljajic einfach nicht mehr konnte. Ausgerechnet der Muslim aus dem serbischen Sandschak hatte sich dieser undankbaren Aufgabe angenommen, die Jagd auf den Mann zu koordinieren, den immer noch die meisten Serben für einen Helden halten.
Ljajic bleibt Arbeits- und Sozialminister, er hat seine regionale "Demokratische Partei des Sandschak" aufgelöst, und die "Sozialdemokratische Partei Serbiens" gegründet, um in ganz Serbien auf Stimmenjagd zu gehen.
"Was die Zusammenarbeit mit dem Tribunal angeht, liegt hinter uns das bisher erfolgreichste Jahr", erklärte Ljajic. Die internationale Gemeinschaft habe die ernst gemeinten Bemühungen der serbischen Sicherheitsdienste anerkannt, letztendlich habe dies zu einem positiven Urteil des Tribunals geführt. Die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem Tribunal sei einer der Kernpunkte für die Zugeständnisse der Europäischen Union an Serbien gewesen, sagte Ljajic.
Am 1. Januar wird das vor Jahren auf Eis gelegte Handelsabkommen zwischen der EU und Serbien in Kraft treten. Am 19. Dezember wurde die Visapflicht für serbische Staatsbürger für die Schengen-Staaten aufgehoben. Und am 22. Dezember hat Serbien die Kandidatur für die EU-Mitgliedschaft eingereicht.
Trotz allem bleibt die Auslieferung von Mladic und Hadzic Bedingung für die volle Integration Serbiens in die EU. Der Aufschrei einzelner Bürgergruppen, dass serbische Behörden nichts tun, um die Serben mit ihrer Kriegsvergangenheit zu konfrontieren, sowie die Tatsache, dass eine Mehrheit die Jagd auf Mladic als Erpressung des Westens empfindet, geht im Jubel über die "historischen" Erfolge der EU-Politik von Staatschef Boris Tadic unter. ANDREJ IVANJI
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