Liveticker zum Nachlesen: Das war das taz lab 2019
Beim taz lab diskutierten Leser, Genossen und Redakteure mit Katja Kipping, Katarina Barley, Robert Habeck und Julian Reichelt über Europa. Torte gab's auch.
21:40 Uhr: Das war es vom taz lab 2019. Die letzten Panel gehen zu Ende, gleich legen die DJs auf: Ulrich Gutmair, Jakob Werlitz und Christian Specht. Das taz lab tanzt zu Helene Fischers „Atemlos“. Danach Punk! Wir verabschieden uns in die Nacht.
21:15 Uhr: Martin Kaul: „Der Satz war noch nicht zu Ende“. Julian Reichelt: „Oh, dann war er sehr lang. Das bin ich nicht gewöhnt bei uns.“ Martin Kaul: „Ja, bei uns gibt es viele Nebensätze.“
21:10 Uhr: „Bild“-Chef Julian Reichelt klingt gerade wie ein echter taz-Redakteur, auch Moderator Martin Kaul ist verdutzt. Er spricht warmherzig über die deutsche Willkommenskultur, auf die man stolz sein müsse. Deutsche Bahnhöfe hätten 70 Jahre lang für Deportation gestanden, jetzt für Fluchthilfe. „Der Preis, den wir dafür zahlen, ist extrem hoch, aber es hat sich gelohnt.“ Im Anschluss wettert er gegen sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge, die nun – so Reichelt – den Deutschen die Großherzigkeit nähmen. Auch die taz findet lobende Erwähnung: „Ich glaube übrigens, dass links von euch im demokratischen Spektrum nur noch die Wand kommt.“
21:05 Uhr: Die letzten Veranstaltungen laufen. Die Foodtrucks sind leer gekauft, das Essen in der taz-Kantine ist auch fast alle. Ab jetzt muss der Hunger mit Bier gestillt werden. Und gleich wird gefeiert.
21:03 Uhr: Reflexion mit dem Bild-Chef! Nach kurzem, feurigem Einstieg mit starken Pointen reißt Martin Kaul seinen Gesprächspartner Julian Reichelt und das gesamte Publikum aus der aufgeheizten Stimmung und spricht über Reichelts Kriegserfahrungen. Sichtlich aus dem Konzept gebracht philosophiert Reichelt über die Banalität des Todes und seine erfolgreich verdrängten Kriegserfahrungen: „Die Therapie und das Traumatisiertsein sind gesellschaftlich fast zum Statussymbol geworden. Der historisch erfolgreichste Umgang ist die Verdrängung.“
20:20 Uhr: Bild-Chef Julian Reichelt spricht mit taz-Redakteur Martin Kaul über gute Nachbarschaft und den ganzen Rest. Zu sehen hier im Livestream.
20:00 Uhr: Der Reichelt kommt! Da gibt’s doch sicher Tortenwürfe oder Farbbeutelattentate, mutmaßt so mancher im Publikum. Julian Reichelt ist eingeladen, der Chefredakteur der Bild-Zeitung. Zusätzliche Security sei sogar da, darauf habe er bestanden.
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Die Meinungen im Publikum gehen auseinander, ob dieses Gespräch Sinn macht. Sich die Sache anschauen, das könne man ja mal, sind sich die Anwesenden weitgehend einig. Die Einstimmung mit Musikvideos sorgt zumindest schon einmal für amüsierte Grundstimmung. Auf gehts!
19:54 Uhr: „Gibt’s hier so ne Art Schiedsrichter oder wird das am Ende mit 'ner Schlägerei entschieden?“ Zwölf Fragen, zwei Teams, ein Spiel: beim Kneipenquiz „Eurogame“ unter Leitung von Martin Kaul und taz.gazete treten die Zuschauer*innen als „Türkei“ und „Europa“ gegeneinander an. Wer weiß mehr über die EU-Türkei-Beziehungen?
Bei Rakı und Show-Jingles lernt das im Durchschnitt ziemlich deutsche Publikum so einiges: Seit Conchita Wurst gibt’s kein Eurovision mehr in der Türkei, für ein Schengen-Visum brauchen Türk*innen einen Einkommensnachweis und vielleicht am lehrreichsten: „Oft sind die Lautesten gar nicht die Richtigsten.“
19:35 Uhr: Teilnehmerinnen beim solidarischen Trinken nach ihrem Kassensturz: „Lass alles versaufen!“ Und so folgt nach dem Kassensturz der Absturz – wenn denn das mit der Solidarität funktioniert.
➡ Was? Das taz lab ist die jährliche Konferenz der taz.
➡ Wozu? Dieses Jahr ist das Thema: Europa. Das Programm gibt es hier.
➡ Wann? Samstag, 6. April 2019
➡ Wo? taz Neubau, Friedrichstr. 21, 10969 Berlin und Umgebung
19:34 Uhr: Die deutsch-ukrainische Aktivistin Oleksandra Bienert erzählt, welches Gefühl sie überkam, als man sie zu der taz lab-Podiumsdiskussion mit dem Untertitel „Was junge Ukrainer*innen von Europa erwarten“ einlud. Sie stellt es für die Zuhörenden szenisch dar: Dazu macht sie sich ganz klein, schaut zur Decke, winkt einmal kurz in den Himmel und fragt „Hallo Europa. Wir und erwarten? Was sollen wir denn von Europa erwarten?“
19:32 Uhr: Eva Mirasol, Ärztin und Autorin, sagt bei der Lesung „Rakete 2000 does Europe“: „Ich sehe in einer Nacht mehr nackte Menschen, als ein Türsteher im Berghain – oder wahrscheinlich genauso viele.“ Denn die meisten gingen zuerst ins Berghain und dann zu ihr: „So ein bisschen wie eine After Hour. Steht wahrscheinlich auch im Reiseführer: German emergency room. Not to be missed when in Berlin.“ Die Autorinnen Mareike Barmeyer, Insa Kohler, Eva Mirasol und Leo Streisand erzählen am Küchentisch skurrile Geschichten über ihre Erfahrungen mit Menschen in und aus Europa.
19:29 Uhr: Kommentar einer Teilnehmerin, als sie beim Betreten des taz Panoramas die seltsam geformte und noch nicht ganz aufgebaute Bar erblickt: „Es gibt auch einen riesigen Penis!“
19:23 Uhr: Um 20:15 wird „BILD“-Chef Julian Reichelt in der taz erwartet. Er trifft sich mit taz-Redakteur Martin Kaul zum „Nachbarschaftsgespräch“. In der Ticker-Redaktion wird Weißweinschorle und Bier gereicht.
19:13 Uhr: Als taz-Reporterin Christina Schmidt sich im September 2017 auf den Weg nach Mecklenburg-Vorpommern machte, um über Hausdurchsuchungen wegen mutmaßlicher staatsgefährdender Gewalttaten zu berichten, konnte sie noch nicht ahnen, was da folgen würde. Einige Monate, ein Messerkampftraining, unzählige Telefonate, Netzdurchforstungen, Hintergrundgespräche und Hinterzimmerbesuche später hat das taz-Rechercheteam aus Christina Schmidt, Martin Kaul, Sebastian Erb und Alexander Nabert ein Netzwerk offengelegt, das sich mit Weckgläsern und Schießübungen auf den Tag X vorbereitet. Was die Redakteur*innen beim Werkstattbericht zur Hannibalrecherche erzählen, klingt nach einem Krimi. Am Ende führt die Spur bis zum Papst. Alle Texte zur Hannibal-Recherche sind unter taz.de/hannibal abrufbar.
Über 30 Blogger begleiten das taz.lab 2019, das erstmals im taz.neubau und bei unseren neuen Nachbar*innen stattfindet. Wir berichten von mehr als 60 Panels – in Blogbeiträgen und im Liveticker. In der Redaktion betreuen Kersten Augustin, Alexander Nabert und Paul Wrusch die Berichterstattung. Alle Beiträge findet man unter http://blogs.taz.de/tazlab/.
19:11 Uhr: Die Datenschutzgrundverordnung hat ein Imageproblem und Ingo Dachwitz von netzpolitik.org erklärt in 45 Minuten, warum das nicht fair ist. Den oft von abstrakten Ängsten geprägten Fragen des Publikums im Vortragsraum begegnet er mit viel Geduld und erfrischend zielgerichteten Antworten. Auch Tanja Tricarico, taz-Redakteurin, trägt bei der Veranstaltung „Das Private bleibt politisch“ durch präzises Nachfragen zu einem hohen Wissenszuwachs in kurzer Zeit bei. Auch wenn „Datenschutz nicht alle Probleme lösen kann, die wir mit Facebook haben“, verteidige die DSGVO im Grundsatz viele wichtige Rechte, so Dachwitz.
19:08 Uhr: Vom taz Panorama aus sind die letzten Sonnenstrahlen über Berlin zu sehen. Mit dem Tag geht auch die alte Sitzordnung zur Neige. Alles neu für „Rausch und Anstand – ein Feldversuch im solidarischen Trinken“.
19:07 Uhr: Die Laune im Redaktionraum sinkt rapide. 2 – 0 für Bayern.
19:06 Uhr: Die Journalistin Anna Jikhareva hat Angst, als heillose Optimistin zu gelten. Trotzdem hat sie Hoffnung für Europa und erzählt in der vollgestopften taz-Kantine bei „Europe's Far Right“, warum die Schweizer SVP immer mehr verliert. Unter anderem weil ihre Gegner der Bevölkerung erklären, was die von der SVP angestrebten schärferen Abschiebegesetze bedeuten würden: Nachbar*innen, Freund*innen, Kolleg*innen müssten gehen. Denn das gefällt den Schweizer*innen nicht. „Es ist eine gute Strategie, sein eigenes Narrativ zu setzen und von Demokratie und Rechtsstaat zu reden.“ Das Publikum klatscht begeistert. Ganz viel Liebe für diese Optimistin.
19:05 Uhr: Das Internet ist doch nicht schuld – so das Fazit der Podiumsdiskussion: „Im Kampf gegen Trolle und Bots“. Es diskutierten „Fake News“-Expert:innen Alexander Sängerlaub und Karolin Schwarz mit Extremismusforscherin Julia Ebner über rechte Mobilisierung im Netz. Und dabei sind sie sich eigentlich ziemlich einig: Die Kommunikationsstrategien von Extremist:innen online funktionierten, weil Medien immer wieder auf sie hereinfielen. Ihre Tipps: Nicht über alles berichten, Falsches nicht wiederholen, sondern gleich richtigstellen, eigene Narrative schaffen. Oder, wie es Sängerlaub ausdrückt: Lernen, den Versuchungen der Aufmerksamkeitsökonomie zu widerstehen.
18:55 Uhr: Was ist Polen im Jahr 2019? Da gibt es einerseits Hetzpropaganda gegen Sexualerziehung von Kindern und die „Monster in Regenbogenfarben“, Verbrennungen von Büchern und Gewalt gegen queerfreundliche Politiker.
Aber auch das ist Polen 2019: Robert Biedron, homosexuell, ist die neue politische Hoffnung. Doppelt so viele CSD-Märsche wie noch zwei Jahre zuvor. Anschauliche Einblicke in die LGBTQ-Community Polens lieferten die Filmemacherin Katarzyna Remin und die Autorin Emilia Smechowski.
18:50 Uhr: „Was sind Strebermigrant*innen?“, fragt Jan Feddersen Emilia Smechowski im Panormaraum. Die Journalistin und Autorin kommt 1988, im Alter von fünf Jahren, aus Polen nach Deutschland und wird sich erst als Erwachsene bewusst, wie sehr ihre Familie damals versuchte, unsichtbar zu bleiben. Als Kind gewöhnt sich Emilia Smechowski schnell daran, in der Öffentlichkeit kein Polnisch mehr zu sprechen und ihre Migrationsgeschichte zu verstecken. Wie sehr sich der Wille nach Anpassung und der daraus entstandene Leistungsdruck jedoch auf ihr Leben auswirkten, beschreibt Emilia Smechowski in ihrem Buch „Wir Strebermigranten“. Während des Gesprächs beschreibt die Autorin, dass das Paradigma leider noch heute gilt: Ein*e gute*r Migrant*in ist noch immer jemand, der oder die unsichtbar bleibt und sich anpasst.
18:44 Uhr: Warmes Nachmittagslicht fällt in den Raum; die Besucher*innen der Veranstaltung „Driving Europe“ warten darauf, dass es los geht. Auf einmal hört man den typischen Skype-Klingelton. Eine Panne? Nein, das soll so sein. Auf der Leinwand über der Bühne erscheinen die Gesichter von Ina Bierfreund, Felix Hartge und Tim Noetzel.
„Wo seid ihr gerade?“, fragt Moderatorin Ebru Taşdemir. „In Litauen“, sagt Ina. Sie sind seit September 2018 in einem umgebauten Van unterwegs. Der Plan: Alle 28 EU-Mitgliedstaaten bereisen. Mit der Zeit entwickelte sich die Idee, in jedem Land einige Leute zu ihrer Einstellung zur EU zu interviewen. „Wir wollten mal aus unserer Blase rauskommen, mit Menschen sprechen, die eine andere Meinung haben als wir“, sagt Tim. „Und herauszufinden, wie die Leute die EU in ihrem Leben spüren“, ergänzt Ina. Drei der Interviews werden dem taz-Publikum vorgespielt. Später soll aus dem Videomaterial mal eine Dokumentation werden.
Und wo hat es den drei Student*innen bis jetzt am besten gefallen? „Rumänien“, sagt Tim. „Die Menschen dort waren so wahnsinnig nett und offen.“ „Bulgarien“, sagt Ina. „Ich fand’ die Natur einfach beeindruckend.“ „Slowenien“, sagt Felix. „Das ist einfach ein unfassbar schönes Land.“
18:30 Uhr: Ein Panel, bei dem sich alle Podiumsteilnehmerinnen ausreden lassen, sich gegenseitig aufmerksam zuhören und tatsächlich auf das vom Gesagte der anderen eingehen und nicht nur den eigenen Standpunkt zum Besten geben wollen. Ein reines Frauenpodium. Natürlich. Cansel Kiziltepe, stellvertretende Kreisvorsitzende der SPD-Friedrichshain-Kreuzberg, Terry Reintke, Europaparlamentsabgeordnete der Grünen und Emilia Roig, Gründerin und Direktorin des Center for Intersectional Justice diskutieren unter der Moderation von der stellvertretende Chefredakteurin der taz, Katrin Gottschalk. Unter anderen über den Gender Pay Gap. Außerdem geht es um feministische Netzwerke in Europa.
18:23 Uhr: Die Runde ist locker aber die Themen sind knallhart. Die vier jungen Journalist*innen Aynur Zarrintaj, Aren Melikyan, Roman Huba und Alexey Sevrikov sitzen zusammen mit Barbara Oertel am Küchentisch. Es geht hoch her. Unverblümt werden die Zustände in den Regionen geschildert. Es geht um Zensur, Bestechung und Auswanderung. So kommen immer mehr arbeitswillige Menschen aus der Ukraine nach Europa, wodurch Familien zerstört werden. Aber auch für die Journalist*innen sind es gefährliche Zeiten. Doch trotz all dieser Widerlichkeiten sind heute diese vier Journalist*innen hier in Berlin zusammengekommen um ihre Wahrheiten mit uns zu teilen.
18:22 Uhr: „In der Wüste ist das Sterben“, sagt Abou Razak Aboubakar im Panel „Abgeriegelt“. Weil Europa Migrierende schon in Afrika aufhalten will, würden mutmaßliche Schlepper bereits an Brunnen in der Sahara kontrolliert. Wer illegal reise, meide nun die überlebenswichtigen Wasserstellen. Der Koordinator der NGO „Association Togolaise des Expulsés“ hat deswegen ein Netzwerk aufgebaut, dass diese Menschen vorm Verdursten retten soll.
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18:12 Uhr: Bei der Europawahl geht es auch um die Zukunft es Pariser Klimaabkommens, sagt der grüne Spitzenkandidat aus den Niederlanden, Bas Eickhout: „Deutschland ist ein fortschrittliches Land, aber wenn es um etwas geht, das sich auf der Straße bewegt, dann ist scheinbar Schluss.“ Im taz-lab-Blog berichtet unsere Autorin Clara Nack.
18:06 Uhr: Was ist heute radikal? Kevin Kühnert, SPD, sagt: „Ich will mir noch in den Spiegel schauen können.“ taz-Moderator Peter Unfried entgegnet: „Der Schröder kann sich bestimmt noch in den Spiegel schauen.“ Kühnert: „Ich bin mir sicher, er schaut sogar gerne in den Spiegel.“ Was sonst geschah, steht jetzt im taz-lab-Blog.
18.01 Uhr Gesine Schwan (SPD) fordert Rot-Rot-Grün in Deutschland. Auf dem Podium “Europa Macht Athen“ ist sie sich mit dem Syriza-Politiker Giorgios Chondros einig: Die neoliberale Politik in Europa muss gebrochen werden, weil sie den Rechtsruck befeuert. Ein Bericht von der Veranstaltung im taz-lab-Blog.
17.47 Uhr: Es sind besondere Europawahlen, findet Linn Selle, Präsidentin der Europäischen Bewegung Deutschland. Einerseits könne sich das „Brexit-Chaos“ positiv auf die Wahlbeteiligung auswirken, andererseits laufe das Europäische Parlament Gefahr, von rechten Gruppen gelähmt zu werden.
Im Publikum fallen die Impulse auf fruchtbaren Boden: Die Jugend müsse einbezogen werden, die verschiedenen Europa-Kampagnen könnten sich vereinen, auch über Reformen der Entscheidungsprozesse könne nachgedacht werden: Ob Volksabstimmungen nicht eine Option wären, fragt ein Zuhörer. Mitreden ist die Botschaft aus diesem Vortrag.
17.20 Uhr: Zwei Tauben lassen sich mutig auf dem Geländer der Dachterrasse des taz-Hauses nieder. Verwirrt rucken sie mit den Köpfen als würden sie sich fragen, was all die Menschen so ausgelassen quatschend auf dem sonst viel leereren Dach tun. Bier trinken natürlich. Und das in vielen verschiedene Sorten: Das Craft-Beer-Tasting im Sonnenschein scheint für die Besucher*innen eine willkommene Abwechslung zu den Diskussionen zu sein. Der nächste Windstoß kommt und die Tauben fliegen wieder davon. Sie haben sich einen Eindruck der Szenerie gemacht.
17.09 Uhr: Was ist Frühlingsglück? Sonne, Wärme, Licht. Grüne Blätter an Kastanienbäumen. Cappuchino vom tazpresso-Mobil. Und richtig guter Burger zum Mittagessen. Zusätzlich schön: taz-lab-Besucher, die auf einmal alle draußen auf der Wiese vor dem taz-Haus sitzen. Vor allem aber: Jede Menge Input und kritische Diskussion in taz-lab-Veranstaltungen.
17.05 Uhr: Eine genervte, summende Bloggerin bekommt seit der Veranstaltung „Keine Heimat – niemals! – Wieso Helene Fischer viel und Frei.Wild so gut wie nichts von Pop versteht“ den Dudelsong „Atemlos“ nicht mehr aus dem Kopf. Der Musikwissenschaftler und taz-lab-Referent Thorsten Hindrichs hielt es für eine gute Idee den Song seinem Publikum zur Veranschaulichung vorzuspielen. Oh, er dachte wohl nicht an die Folgen. Aber geteiltes Leid, ist halbes Leid, daher jetzt alle gemeinsam: „Atemlos! Durch die Nacht! Bis ein neuer Tag erwacht…“
16.55 Uhr: „Wir werden uns, wenn es um Co2-Emissionen im Transportsektor geht, in dieser Diskussionsrunde sehr schnell Deutschland zuwenden müssen,“ scherzt Bas Eickhout, Spitzenkandidat der europäischen Grünen im Gespräch „Was steht zur Wahl?“. Zustimmung aus dem Publikum, teilweise Applaus. „Deutschland ist ein fortschrittliches Land, aber wenn es um etwas geht, das sich auf der Straße bewegt, dann ist scheinbar Schluss.“ Trauriges Gelächter, denn natürlich da ist ja noch der heißgeliebte Diesel.
16.52 Uhr: Warum haben wir bisher nichts geschafft? Luisa Neubauer wollte sich dieser Frage in 10 Thesen in 10 Minuten widmen. Sie zumindest würde sich nicht 20 Minuten lang zuhören wollen, sagte die Klimaaktivistin. Bei ihren Thesen ging sie auf falsche Narrative über Klimawandel und -schutz ein, aber auch auf strukturelle Fehler in der Politik und strategische Probleme der Klimabewegung. Meistens gab sie dann noch eine kleine Hausaufgabe an die Zuhörerschaft. Am Ende wurden es doch über 20 Minuten, aber es war gut genutzte Zeit und jeden Gedanken wert.
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16.35 Uhr: Eine Mutter hat ihr Kind auf der Hüpfwiese verloren. Zwei spielen Tischtennis, sie sagt zu ihm: „Zu lange Arme, was?“. Zwei Europapullover stechen aus der Masse heraus.
Vor der Galerie geht es zu wie vor einem Club. Nur wenn jemand raus kommt, darf wer neues rein. Der Grund: Robert Habeck. Ein Besucher sagt: „Das ist doch schlecht organisiert“ und zieht ab.
16.30 Uhr: „Alles könnte anders sein.“ Kaum betritt Harald Welzer den überfüllten Lesesaal, trägt das titelgebende Mantra seines jüngsten Buches bereits erste Früchte: Die Fenster öffnen sich, plötzlich können doppelt so viele Menschen zuhören und frischer Wind weht herein. Dabei hat er doch noch kein Wort gesagt!
Im folgenden taz.FUTURZWEI-Gespräch, moderiert von taz-lab-Kurator Jan Feddersen und taz-Chefreporter Peter Unfried, scheint Welzer offene Türen einzurennen – zumindest wenn man die ununterbrochenen Publikumslacher als Zustimmung versteht. Pointenreich und konsequent plädiert der Soziologe und Sozialpsychologe gegen das „Master-Narrativ, dass alles mögliche scheiße ist“, besser bekannt als Ja, aber…. Stattdessen fordert er gelebte Utopie zum Anfassen: Möglichst konkret, möglichst pragmatisch und ausnahmslos von jeder*m. „Verdammt nochmal, nehmt euch ernst!“ Na dann, auf zur Mietendemo, möchte man in den Raum rufen – oder traut sich nur keiner, „Ja, aber…“ zu sagen?
Feddersens Handy beginnt auf der Bühne wie eine Ente zu quaken. Welzer: „Ich bin zum ersten Mal auf einem Podium völlig fassungslos.“
16.27 Uhr: Jetzt live im Stream: Grünen-Chef Robert Habeck im Gespräch mit taz-Reporter Peter Unfried.
16.19 Uhr: Der ESC, ein queeres Event?! Das möchte man meinen, wenn man den beiden Rednern Jan Feddersen (taz-lab-Kurator) und Ulrich Gutmair (taz-Redakteur) zuhört, die die diversen Seiten des ESCs mit Auftrittvideos untermalen.
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Seit KünstlerInnen wie Conchita Wurst gehört dort auch die Queerness zur Normalität. Aber Dramaturgie und der richtige Platz im Programm werden immer wichtiger. Keine Ballade sollte auf eine andere Ballade folgen, wenn man als ESC-Star gewinnen möchte.
Aber auch die Stars setzen immer stärker Akzente. So könne man den Songinhalt von Conchita als ein „ich lasse mich nicht unterkriegen“ verstehen, sagt Jan Feddersen.
16:09 Uhr: „Nur EU-Luftballons tun es nicht mehr“. Die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot plädiert in ihrem flammenden Vortrag für einen Markt, eine Währung und eine Demokratie in Europa. Konkret besteht sie auf die Rechtsgleichheit aller EU-Bürger und auf Wahlgleichheit, Steuergleichheit und gleichen Zugang zu sozialen Rechten. Nur so habe die europäische Idee weiterhin eine Zukunft. Sie schließt mit „Vive la republique européenne!“ und wird mit tosendem Applaus verabschiedet.
15.40 Uhr: Mehr oder weniger Europa? Unter dem Titel „Abgewählt“ diskutieren Anwalt und Publizist Sergey Lagodinsky, der Mitgründer von „Pulse of Europe“ Silvan Wagenknecht, Ulrike Christl von eurotopics mit Jan Zahradil, Präsident der konservativen AECR im Aquarium. Erneut geht's um die Gretchenfragen: Wie hältst du es mit Fakenews, Politikverdrossenheit und Rechtspopulismus?
Schwere Kost, pünktlich zur Mittagszeit. Und über allem schwebt die Frage: Was tun mit diesem Europa? „Mehr Hashtags“, möchte Wagenknecht, „durch Demonstrationen Zeichen setzen und die Leute für Europa begeistern“. Christl setzt auf die Wichtigkeit gegensätzlicher Meinungen – die sich in Person von Lagodinsky und Zahradil buchstäblich gegenübersitzen. Vor allem in der Differenz zwischen den beiden wird klar: Es geht hier um Definitionen. Was versteht Mensch unter Meinungsfreiheit, unter Demokratie, Identität oder Progression? Was wird als Meinung, was als Wahrheit angesehen? Und was ist das eigentlich, dieses Europa: ein unter Druck stehender Kochtopf? Ein United States of Europe nach dem fragwürdigen USA-Vorbild? Ein einengender Panzer gar? Oder doch eine bunter Diversity-Haufen mit demokratischen Grundwerten?
Darüber, und vor allem über die realen Konsequenzen, die diese Definitionen mit sich ziehen, ließe sich streiten – und wie meist ist auch hier der Rahmen das Problem: Komplexe Themen in ein klar verständliches Parteiprogramm zu übersetzen, ohne zu vereinfachen? Wohl ebenso schwer, wie die Frage nach der Zukunft Europas in 90 Minuten zu verhandeln. Irgendwie weitermachen mit dem „Projekt Europa“ wollen auf dem Podium ja alle – nur wie?
15.30 Uhr: Angewandte Mathematik am Pizzastand: Eine halbe und zwei Viertel, zwei Viertel und eine Ganze oder eine halbe und drei Viertel – äh, wie nochmal? Hier kann schon mal hungrige Verwirrung aufkommen.
15.25 Uhr: Im Oberstübchen der taz heizt trotz Sonnenblende die Stimmung hoch. Das Thema Radikalität brennt anscheinend unter den Nägeln, es herrscht Einlassstop. Bei zu ausführlichen Fragen wird ausgebuht, oder zum „Totklatschen!“ aufgerufen. Ist das eigentlich (zu) radikal?
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15.15 Uhr: Erstmals spricht mit der palästinensischen Journalistin und politischen Analystin Reham Owda eine Person aus dem Gaza-Streifen beim taz lab. Sie erzählt von politischen Konflikten, unsauberem Trinkwasser, stark eingeschränkter Elektrizität, hoher Arbeitslosigkeit, einem schlechten Gesundheitssystem und fehlenden Reisemöglichkeiten. Die Bedingungen vor Ort können sich für die Einwohner und Journalisten ihrer Meinung nach nur ändern, wenn die politischen Parteien reformiert und neue Institutionen und demokratische Regeln aufgestellt werden.
15.14 Uhr: „Jedes Schreiben ist politisch. Geschichten, die man nicht erzählt, sind ebenso politisch, wie das, was erzählt wird“, sagt die Schriftstellerin und Theaterautorin Enis Maci, kurz bevor sie den ersten Text aus ihrer Essaysammlung „Eiscafé Europa“ liest. Ein darin immer wiederkehrendes Element ist die inszenierte Weiblichkeit – sei es bei den Jungschwurfrauen in Albanien oder auf den Instagram-Accounts junger Anhängerinnen der Identitären Bewegung.
15.00 Uhr: Bei der Diskussion „Hambi bleibt – und dann?“ mit Aktivist*innen aus dem Hambacher Forst im Rheinland und dem DGB-Abteilungsleiter Achim Vanselow tragen drei Menschen Jackett, einige Personen sind barfuß. Menschen mit grauen Schläfen bedauern den Arbeitsplätzeverlust in Deutschland, junge Menschen reden über die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen auf der ganzen Welt.
14.58 Uhr: „Also sagten wir uns, lass mal eben Europa retten“ Die Politik der EU reiche der Europa-Aktivistin des „The European Moment“ Katja Sinko nicht bis ins 21. Jahrhundert: „Angst vereinte uns davor, dass wir nicht zurück in die Geschichte gehen und etwas gegen den Rechtsruck machen wollten, also sagten wir uns lass mal eben Europa retten“, sagt Sinko vollmotiviert. „Wir waren ein paar Freunde, aber wollten eine größere solidarische Allianz aller Proeuropäer gründen, die nicht nur 'streiten streiten streiten’“. Also ging es los zum EU-weiten „March for a new Europe“.
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Es wurde eine Petition an den Bundestag, eine auf Campact für mehr Mitspracherecht durch das EU-Parlament oder das junge Wahlrecht eingereicht. Ihre Aktion, „RedLine – not be crossed“ setzen sie direkt um und verteilen rote Bänder gegen Grenzüberschreitungen, wie vor dem Innenministerium gegen die rein männliche Spitze, ans Publikum, die, „tun weh, sind disruptiv, aber dieses Grenzenaufweisen soll effektiv die demokratische Gesellschaft verteidigen“, sagt Sinko zum Abschluss. „Kommt am 19. Mai zur EU-weiten Demo – ein Europa für alle!“
14.52 Uhr: Die Besucher*innen des taz lab 2019 haben verstanden, dass es drinnen nicht nur schöner als draußen in der Frühlingssonne ist, sondern ein Fluchtweg auch im taz-Haus ganz spießig ein Fluchtweg bleibt. 20 Minuten vor Veranstaltungsbeginn sind die Vortragsräume halb gefüllt. Auf dem Smartphone wird nochmal schnell ein Background-Check ueber den*die Referierende vorgenommen.
14.50 Uhr: Beat Gipp, dem Mitinitiator des Vagabundenkongress 2020, ist die Bühne wohl zu eng. Er schlendert sorglos durch den Raum, hockt sich an ein Fenster hinter dem Publikum und unterbricht irgendwann freundlich Tanja Ehmann (Projekt Vagabundenkongress 2020) und den Vagabund Marcus Leicher, um Kollegen seines Projekts vorzustellen. Sein Auftreten ist ganz im Sinne der Veranstaltung, in der es auch um Freizügigkeit geht: „Vagabundieren ohne Anzukommen“. Tanja Ehmann sagt zusammenfassend: „Unsere Haltung ist, dass jedem eine menschenwürdige Unterkunft zur Verfügung stehen muss.“
14.40 Uhr: Direct Action ist riskant: Physische und mentale Verwundungen, Freiheitsentzug, Repression. Doch ein radikaler, solidarischer Wandel zu einer besseren Welt kommt nicht ohne sie aus, sind sich die ehemalige Hambi-Bewohnerin Miri und die US-amerikanische Aktivistin Lisa Thilian einig. Demonstrationen könnten als Aufruf politische Diskussionen anregen, würden jedoch zu häufig überhört. Den Gewalterfahrungen der Aktivist*innen kann der Pressesprecher der Berliner Polizei nur eher abstrakte Bekenntnisse zu den verfassten Grundrechten entgegenhalten.
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14.25 Uhr: Jetzt im Livestream: Die Diskussion über Klimawandel und Europa. Unter anderem mit Katharina Schulze, Fraktionschefin der Grünen im Bayerischen Landtag, und Klimaaktivistin Luisa Neubauer.
14.15 Uhr: Bei der Veranstaltung zum Eurovision Song Contest: In der Werkstatt 2 wird “Wunder gibt es immer wieder“ von Katja Ebstein gehört. Eine Frau aus der Werkstatt 1 kommt, schließt die Tür. Werkstatt 2 lacht. Dann eben keine Musik für Werkstatt 1.
14.10 Uhr: „37 Prozent der Europäer sind noch nie über ihre Landesgrenzen gekommen.“ Thilo Buchholz studiert in Maastricht und ist Delegierter in der BAG Europa (B’90/Grüne). Ein Europäer durch und durch. Außerdem ist er „nicht nur ein Junge, der in irgendein Dorf in Heidelberg aufgewachsen ist, sondern ein Teil der europäischen Jugend!“
Argumente für einen europäischen Zivildienst nennt er viele. Neben dem Gewinn von Chancengleichheit, außerschulischem Wissen und Erfahrungen über europäische Sprachen und Lebenswelten steht für Thilo Buchholz die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Identität im Fokus.
14.06 Uhr: Bereits 15 Minuten vor Veranstaltungsbeginn ist der Vortragsraum für Thilo Bodes „Die Diktatur der Konzerne“ voll. Der Titel interessierte offenbar. Dem ehemaligen Greenpeace Chef und heutigen Foodwatch Leiter war es wichtig, die Ausmaße des Einflusses und der Machtstrukturen von globalen Unternehmen und Konzernen zu betonen. Das Publikum interessierte sich aber besonders dafür, was wir denn nun dagegen tun können. Seit politisch und haltet dagegen, schien die simple Antwort. Also dann, liebe Leser*iinnen: weiter so!
13.58 Uhr: „Ohne Varoufakis wäre das Austeritätsproblem in Griechenland nicht Global sichtbar geworden. Das ist ein unglaublicher Verdienst.“ Obwohl die Live-Schaltung nach Athen zu Yanis Varoufakis nicht funktioniert, bekommt er in der überfüllten Kantine Szenenapplaus. Ausgelöst hatte diesen Gesine Schwan, die ihm dankbar ist für die große öffentliche Debatte um die fragwürdige europäische Fiskalpolitik. Syriza-Politiker Giorgios Chondros fügt hinzu: „Wir müssen diese Politik hinter uns lassen. Sie ist Wasser auf die Mühlen der Neofaschisten in Europa!“
13.54 Uhr: Zwei gelbe Schilder mit der Aufschrift „Mein X für die Menschenrechte“ stehen auf der Bühne als Finn Holitzka die Veranstaltung „Wortgewand statt sprachlos“ anmoderiert. Klare Worte findet die Jugendvertreterin von Amnesty International der europäischen Sektion Elisabeth Tesfu für Europa. Für sie ist Europa eine Gesellschaft in der sich alter Kolonialstolz auf das heutige Bild von Europa auswirkt. Wo Grenzsicherheit die eigentliche Europäische Idee als „Friedersprojekt“ zerstört und Grenzschutz wichtiger als Seenotrettung ist.
Ein Europa in dem der Pass über Leben und Tod entscheidet. Wo Menschen wegen ihrer Andersartigkeit von der Gesellschaft diskriminiert werden und die alten nationalen Ideologien sich in einem europäischen Nationalismus vereinen, der sich dann gegen Minderheit wendet. In diesem Europa versteht sich nicht als Europäerin lautet ihr Schlussplädoyer.
13.50 Uhr: Wind gegen Print: Steife Brise auf der Dachterrasse. Gutes Festhalten sei jedem geraten, der seine taz-Zeitung hier auf dem höchsten Gipfel des Hauses studieren will.
13.48 Uhr: Was sagen, wenn der Onkel beim Familienkaffee mal wieder „herumhitlert“? Dieser Frage widmet sich Gregor Thiele mit seinem Projekt „Echt Jetzt?“ und stellt es bei der Veranstaltung „Wortgewandt statt sprachlos“ in der überfüllten „Werkstatt 1“ gemeinsam mit Ilse Bindseil vor. Sie war früher Lehrerin und ist nun eine der Projektpartner*innen. Laurin Lorenz moderiert humorvoll den angeregten Austausch zwischen dem begeisterten Publikum und den Projektbeteiligten. Schnell bekommt man einen Eindruck davon, wie gewinnbringend ein „Echt jetzt?“ Workshop sein kann. Stolz präsentiert Thiele am Ende außerdem die nagelneue Homepage echt-jetzt.mobi, auf der die hilfreichen Ergebnisse der bisherigen Workshops nachzulesen sind.
13.45 Uhr: Ein Teilnehmer schaut verwirrt um sich:“Ich finde meine Eltern nicht mehr. Diese Altlinken sehen aber auch alle so gleich aus!“
13.34 Uhr: Hassrede im Internet als Thema in öffentliche Diskussionen zu bringen, ist das Ziel des No Hate Speech Movements Sina Laubenstein, eine Vertreterin der seit 2016 in Deutschland aktiven Bewegung, legt den Fokus ihres Vortrags bei den taz talks darauf wie jede*r gegen Hate Speech aktiv werden kann. Neben dem Austausch mit anderen, nennt sie hier die Solidarisierung mit Betroffenen, sowie die aktive Gegenrede. Nur Wegschauen ist keine Option.
13.21 Uhr: Bei der Veranstaltung „Ich finde Deutschland richtig geil – Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt“ haut der Soziologe und Autor ein paar Knaller-Sätze raus: „Wenn alle pessimistisch werden, wirkt der Realist wie ein Optimist.“ Oder: „Ohne Konflikte kein Fortschritt.“ Und: „Die beste Leitkultur ist Streitkultur.“ Ein ausführlicher Bericht folgt auf unserem taz-lab-Blog.
13.17 Uhr: „Wir wollen Akteure sein in unserem Leben“ betont Dalila Bouzaria-Slimani, Aktivistin der Gillet Jaunes bei der Veranstaltung „Gelbwesten – wer seid ihr?“. Der in den vergangen Jahrzehnten immer größer gewordenen Distanz zwischen politisch-ökonomischen Eliten und der unter dem sinkendem Lebensstandard leidenden Beschäftigten auf der anderen, versuchten die Gelbwesten in Frankreich mit lokaler Vernetzung und direktdemokratischen Mitteln entgegenzutreten. Pierre Rimbert stützt diese These: Der Fokus der Medien auf die teils gewalttätigen Auseinandersetzungen, rassistische und antisemitische Vorfälle bei den Demonstrationen verzerre die Realität einer erfolgreichen sozialen Bewegung.
13.13 Uhr: Weg mit Mann und Frau: Sascha Rijkeboer kommt aus der Schweiz, leistet queerfeministische Basisarbeit und hat sich vor vier Jahren als non-binär geoutet. Das bedeutet, dass Sascha sich keinem Geschlecht eindeutig zugehörig fühlt. Sascha sieht non-binär als einen politischen Begriff: Diese Kategorie müsse hergestellt werden, um das Denken zu erweitern und Forderungen stellen zu können. Großer Bestandteil queerfeministischer Arbeit sei die Kritik an geschlechtsangleichenden Maßnahmen. Um die Kategorisierungen von Mann und Frau aufzulösen, spricht Sascha beispielsweise Menschen ohne Personalpronomen an.
13.11 Uhr: In der Kantine beginnt das große Stühlerücken. Griechenlands erfolgreichster Polit-Export der letzten Jahrzehnte, Yanis Varoufakis, debattiert gleich per Liveschaltung aus Athen mit SPD-Funktionärin Gesine Schwan und Syriza-Politiker Giorgios Chondros. Diskutiert werden die Zukunftsaussichten für eine starke Linke in Griechenland und Europa.
13.02 Uhr: SPD-Bundesjustizministerin Katharina Barley, Kulturforscher Harald Welzer und Ska Keller, Grüne Spitzenkandidatin für die Europa-Wahl, diskutierten über Mehrheiten für ein progressives und sozialökologisches Europa. Hier gibt es ein Video der Veranstaltung.
12.59 Uhr: 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung? Klingt machbar. Mathias Kaspar, der für die Bildungsinitiative „Teach First Deutschland“ arbeitet, stellt vor und erklärt. Die Ziele, enthalten in der Agenda 2030, dem „globalen Fahrplan“, sind universell, unabhängig und vor allem: ambitioniert.
„Die Agenda 2030 war ein wichtiger Schritt für die Weltgemeinschaft“ sagt Kaspar, „aber trotzdem ist ein kritischer Blick nötig“. Denn: Es mangelt an Kohärenz. Kaspars Ansatz? Die Gemeinwohl-Ökonomie, die für eine ethisch und ökologische nachhaltige sowie sozial gerechte Wirtschaftsordnung einsteht, hat die gleiche Zielsetzung, aber andere Herangehensweisen.
12.57 Uhr: Bei der Brexit-Veranstaltung „Bye bye, Britain?“, kommt eine Frage aus dem Publikum: „Würde denn ein second vote gewinnen?“ Daniel Zylbersztajn, Korrespondent in Großbritannien, antwortet ohne zu zögern: „Ja, allen Meinungsumfragen zufolge, Ja.“ Gewinnen hieße Bleiben – und dem veranstalteten Chaos ins Auge zu schauen.
12.42 Uhr: Professor Etzemüller spricht im Konferenzraum über die Schattenseiten der schwedischen Gesellschaft, die seit 90 Jahren sozialdemokratisch geprägt ist. Etzemüller erklärt, dass Schweden durch das sogenannte Volksheim, also den Wohlfahrtsstaat, sehr durchrationalisiert sei. „Man muss einen Kompromiss finden. Und den haben dann alle zu akzeptieren“, meint Etzemüller. Für Metaphysisches gebe es in einer solchen Gesellschaft kein Platz.
12.35 Uhr: „Wir schreiben Wasser und lesen Demokratie“. Die zuverlässige Trinkwasserversorgung ist mit zahlreichen Problemen konfrontiert: Desertifikation, sterbendes Land, Klimawandel – gleichzeitig nutzen Firmen den steigenden Wert des Wassers zur Spekulation und Profitmaximierung; die EU erkennt Wasser nicht als Menschenrecht an. Boštjan Bugarič zeigt in einem Vortrag mit anschließender Filmschau Lösungswege für Wasserknappheit und Privatisierungswahn auf.
12.22 Uhr: „Die Reaktion der Mehrheitsgesellschaft auf Antisemitismus ist völlig mangelhaft“, konstatiert Stephan Grigat, Politikwissenschaftler und Referent der Veranstaltung „Nichts gelernt, nichts verstanden – Antisemitismus im heutigen Europa“. Solange Antisemitismus als Vorurteil verharmlost wird, sind Gegenstrategien zum Scheitern verurteilt. Begegnungsreisen nach Israel werden’s nicht tun. Denn: „Antisemitismus ist eine pathologische Weltsicht“.
Als die Diskussion gerade an Fahrt aufnimmt, ist sie schon wieder vorbei. Schade. Denn die Frage, die das Publikum bewegt, ist brisant: Kann man Kritik an Israel üben, ohne Antizionist zu sein? Nach ein, zwei Erklärungsversuchen ist Referent Stephan Grigat mit seiner Geduld am Ende: „Ich hab ehrlich gesagt keine Lust, Ihnen Rezepte für koschere Israelkritik zu geben“. Basta.
12.15 Uhr: Die Ziele sind hoch gesteckt: Rumänisch in einer Stunde, Katalanisch in 20 Minuten. Das ist der Slogan, mit dem die beiden „superpolyglotbros“ Matthew und Michael Youlden Bühne und Mikro übernehmen. Ob für den oder die Traumpartner*in oder den Traumjob – Mehrsprachigkeit ist ein Vorteil und damit ein Muss, sind die beiden rotbärtigen Zwillinge überzeugt. Lockerungsübung: „Was bedeutet Rippenfellentzündung auf Englisch? – Pleurisy! Und nein, das ist kein Wort für die gescheiterte Politik von Theresa May: plurracy“ (Plutokratie, Anm. der Redaktion). Dann startet der morgendliche Crashkurs. Und voilà: nach nur 20 Minuten Mitmachtheater spricht der gesamte Zuschauerraum Katalanisch. Zumindest „Ich heiße soundso und komme aus hier und da. Eins, zwei, drei.“ Katalanisch in 20 Minuten? Pas de problème!
12.13 Uhr: Im Besselpark singt der taz-Chor nochmal „Imagine“, eher als leise Untermalung der friedlichen Stimmung. Kinder essen Öko-Pommes, nur die Majonäse scheint vom Billig-Supermarkt zu sein. “Skandal“, ruft unser Außenreporter. Bei der Kinderbetreuung wird jongliert und gespielt, alle haben Spaß.
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12.03 Uhr: Die Migration der Hugenotten liegt schon mehr als 400 Jahre zurück, trotzdem gibt es erstaunliche Parallelen zur Gegenwart. In einer knackigen halben Stunde berichtete der Historiker Alexander Schunka über die Flucht der französischen Protestanten aus dem katholischen Land. Wie oft bei der Migration hofften auch viele Hugenotten auf eine Rückkehr nach Frankreich und hielten auch deswegen lange an Glaube und Sprache fest. An den Ansiedlungsorten wurden sie zu Ausländern gemacht: „Erst im Ausland ist das Französische einheitlich geworden“.
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11.38 Uhr: Autor Karl-Martin Hentschel, Campact-Geschäftsführer und Obstbaumschneider Christoph Bautz, und die taz-Mitbegründerin Ute Scheub sind sich in der Frage, wie es mit der EU weitergehen soll, in vielem einig. Ja, wir brauchen mehr Europa, um große Herausforderungen wie den Klimaschutz anzugehen. Ja, das Einstimmigkeitsprinzip muss aufgehoben werden. Ja, die Wahlbeteiligung bei der EU darf nie wieder bei 48 Prozent liegen. Es sind die feinen Nuancen, in denen sie sich widersprechen. Karl-Martin Hentschel plädiert für ein Verfassungskonvent. Christoph Bautz findet, die Verfassungsfrage werde überbewertet. Zuerst müsse die europäische Zivilgesellschaft gegen Rechts auf die Straße gehen.
11.35 Uhr: „Es wird sehr viel geredet, aber Zahlen gibt es kaum.“ Der Aufstieg rechtspopulistischer Parteien in mehreren EU-Ländern bereitet auch den Politikwissenschaftler*innen Camille Borrett und Moritz Laurer Kopfzerbrechen. Noch fataler jedoch: Fehlende Hochrechnung, um sich ein Bild der Auswirkungen dessen auf die Europawahlen 2019 zu machen. Mit der Gründung ihrer Website European Election Stats wollen Borrett und Laurer Gefühlen Fakten entgegensetzen, erzählen sie bei den taz talks. Die selbst programmierte Software lädt regelmäßig die nationalen Umfragen aus den EU-Ländern hoch und füttert die Analyse zusätzlich mit 2.000 Zeitungsartikeln am Tag. Das Ergebnis ist die Auswertung einer Art Sonntagsfrage auf europäischer Ebene.
11.30 Uhr: Wer gehofft hatte, beim Talk „Das Schaf“ flauschig und mit Kaffee in der Hand schnuffelige Tiere auf ihrem Weg durch Europa zu begleiten, wurde enttäuscht. Stattdessen wurde es spannend. Helmut Höge, taz-Tierexperte und Aushilfshausmeister, sprach mit dem Moderator Mathias Bröckers über fiese Tierversuche, Massenverschiffungen und Wendungen in der Schaf-Forschung. Wo früher männliche Schaf-Forscher vor allem das Rivalitätsverhalten von Männchen beobachteten, gehen ihre Kolleginnen laut Höge emphatischer vor und achten auch auf Freundschaft unter den Tieren. Doch Forschung über Schafe gebe es nur wenig. Höge erklärt: „Uns sind Raubtiere eben näher als Pflanzenfresser, die den ganzen Tag den Kopf in der Wiese stecken haben.“
10.56 Uhr: Was hat die Biene mit Europa zu tun? Verdammt viel. Die Agrargesetze, die in Brüssel beschlossen werden, überfordern die Bienen. Die von taz-Chefredakteur Georg Löwisch moderierte Veranstaltung „BeeFree: Die Biene – mehr als ein Insekt“ verdeutlichte dies. Schuld seien die von den Landwirten verwendeten Pestizide und andere Giftstoffe, berichteten die TeilnehmerInnen. „Wir haben massive Völkerverluste und sind mittlerweile fast nur noch ein Reparaturbetrieb“, klagt etwa die fränkische Imkerin Annette Seehaus-Arnold. „Wir brauchen flächendeckend mehr Blühflächen“, fordert sie. Ein erster Schritt ist getan: 1,7 Millionen Bayern haben sich in ihrem Bundesland für ein Volksbegehren für Artenvielfalt eingetragen. Die Söder-Regierung muss nun ein Gesetz auf den Weg bringen.
10.49 Uhr: Die taz-Kantine füllt sich rasend schnell, selbst Stehplätze sind begrenzt. Ein Besucher sagt lakonisch: „Und Kollege Welzer sitzt noch in der S-Bahn!“ – Er ist Harald Welzers Nachbar (möchte aber anonym bleiben). Gleich soll der hier mit Katharina Barley über ein besseres Europa sprechen.
10.48 Uhr: „Es fehlt an Empathiebekundungen Muslimen gegenüber“, entrüstet sich die Herausgeberin des Missy-Magazins Stefanie Lohaus. Diskutiert wird die Gretchenfrage der europäischen Linken: „Wie hältst du es mit dem Islam?“ Lohaus erzählt von einer Freundin, deren Kinderwagen umgeworfen wurde, weil sie ein Kopftuch trägt. Lohaus ist den Tränen nahe. Empathie zeigt auch der Autor Samuel Schirmbeck, der als ARD-Korrespondent in Algerien islamistische Gewalt miterlebte: „Meine muslimischen Freunde wurden umgebracht!“
Der ganze Bericht über die Veranstaltung findet sich hier.
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10.45 Uhr: „Ich habe leere Ränge erwartet“, sagt Wolfgang Merkel, Professor für Politische Wissenschaft an der HU Berlin. Doch die Ränge sind voll. Fast 200 Personen interessiert: Ist die Krise der Demokratie eine Erfindung? Die Demokratie sei in der Krise, lese man überall. Dabei habe sich nach wissenschaftlichen Indikatoren die Demokratiequalität in Europa kaum verändert. Zudem sei das subjektive Empfinden in den meisten Ländern gestiegen, so Merkel.
Trotzdem stünde die Demokratie vor Herausforderungen: stärkerer Nationalismus, elitärer Charakter, Missachtung von Minderheiten und eine neoliberale Wirtschaftspolitik. Besonders nicht-elitären entfernten sich deshalb von der EU. „Risse drohen nicht – sie sind längst da. Aber bedeutet das, dass die Demokratie in Gefahr ist?“, gibt Merkel zu Bedenken.
10.20 Uhr: Schriftsteller Stephan Wackwitz sprach bei der Veranstaltung „True Colors“ über empanzipatorische Bewegungen Osteuropa. Aber nicht nur: „Die große Liebe zu Putin in Deutschland, Belgien, Frankreich und den Niederlanden entspringt einem postimperialen Eros“. Size does matter.
10.15 Uhr: „Es ist ein Diskurs, wo ja wirklich die Menschenrechte aufgekündigt werden“, sagt Linken-Chefin Katja Kipping über die Pro-Contra-Diskussion der Zeit, ob zivile Seenotrettung legitim sei. Ein Bericht von der Veranstaltung findet man auf unserem taz-lab Blog.
10.05 Uhr: Der Marktplatz im Besselpark füllt sich mit Leben. Eine BesucherIn erzählt, weshalb sie heute gekommen ist: „Es scheint so ein Bedürfnis nach Heimat zu geben. Ich kann das nicht nachvollziehen. Aber ich erhoffe mir ein paar Anregungen, vielleicht auch Antworten.“
9.45 Uhr: Bei der Veranstaltung „Wie kommen wir uns näher“ geht's ums nachhaltige Reisen. taz-Reiseredakteurin Edith Kresta diskutiert mit Autor Sinan Recber, Ökologin Katrin Evers und Verdi-Gewerkschaftssekretärin Mira Neumaier. Eine Frau aus dem Publikum fragt, ob es Interrail eigentlich noch gebe. Recber, 23, sagt: „Meine Generation nutzt das durchaus noch.“ Es sei skurill, wenn Leute nach Peru an den Strand fliegen, von dort bei Instagram Fotos posten und dazu schreiben „Was für eine wunderschöne Welt wir haben, wir müssen sie erhalten.“
9.40 Uhr: Die vegane Köchin und Influencerin Sophia Hoffmann bei den taz Talks hat einen rosigen Teint. Angeschlagenes Obst und Gemüse wecke bei ihr nicht Ekel sondern Mitgefühl, sagt sie. Ihre mitgebrachten Brotlinge schmecken erdig und würzig.
9.15 Uhr: Seit 30 Minuten können Sie auch dabei sein, wenn Sie gar nicht dabei sind. Zum taz lab 2019 gibt es den ganzen Tag Radio. Mit Studiogästen wie Gesine Schwan, ReporterInnen, Diskussionen und natürlich Musik.
9.00 Uhr: Eine schüchterne Morgensonne schaut in die Werkstatt 1, die Zuhörer*innen von „Durchboxen“ haben in den hinteren Reihen Platz genommen. Umgehend lädt Moderatorin und taz-Sportredakteurin Alina Schwermer zum Näherkommen ein – und zack, steht man im Ring. taz-lab-Redakteurin und Boxerin Arwa Bakri, Box-Trainerin Marike Ingwersen und Profi-Boxerin Ikram Kerwat sprechen über Frauen, soziale Brennpunkte und den Gender Pay Gap im Profisport. „Wenn wir das Gleiche machen und für das Gleiche ackern, dann müssen wir auch das Gleiche bekommen.“, sagt Kerwat. Und auf die Frage, wie sie zum Boxen gekommen sei, sagt Ingwersen: „Ich wollte irgendwas machen, was meine Eltern richtig blöde finden, und da kam mir das Boxen ganz recht.“
9.00 Uhr: Menschen irren fröhlich gestimmt durch den Besselpark, suchen Veranstaltungsorte, wälzen das Programm.
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8.45 Uhr: Der taz-Chor eröffnet das taz-lab euphorisch in der Sonne vor dem taz-Neubau. Bei John Lennons „Imagine“ kullert bei einem älteren Mann die erste Träne des Tages. Durchschnittsalter des Publikums hier: Ü50. Die Jugend schläft wohl noch.
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