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Live vom trainingSport abseits von Olympia

Riologie

Aus TijucaAndreas Behn

Es war einer der wenigen Tage, an denen ich bereute, direkt über einer Kneipe zu wohnen. Lautes, stoßhaftes Gejohle bis tief in die Nacht – der überraschende Sieg eines Brasilianers im Stabhochsprung. Dann lohnt es sich vielleicht, dachte ich, das Frauenfußball-Halbfinale Brasilien – Schweden dort zu schauen. Doch statt Stimmung und fiebernden Fans nur ganz normaler Betrieb. Einige aßen Mittag, andere tranken, kaum jemand schaute mal zu einem der beiden Bildschirme auf.

Nur ein Herr guckte Fußball. Er war allein und bot mir einen Stuhl an. Die Leute hätten sich noch nicht an den Frauenfußball gewöhnt, sagte er, wie als Entschuldigung. Er selbst sei Sportfanatiker, viele in seiner Familie waren Leistungssportler. „Mein Großvater war 1936 in Berlin dabei. Im Schwimmen und im Basketball.“ Damals sei es üblich gewesen, mehrere Sportarten zu betreiben. Auf seinem Smartphone zeigte er Bilder seiner Vorfahren bei Siegerehrungen. „Höchstens 30 gehörten damals zum brasilianischen Team, die Schiffsfahrt war eine Herausforderung.“

Vom Spielverlauf bekam ich so gut wie nichts mit. „Heute ist das alles nur noch Kommerz und Geschäft“, fuhr er fort. Auch für ihn: Seine Wohnung in Copacabana habe er vermietet, die drei Wochen wohnt er bei seiner Mutter. „Viel Geld für wenig Aufwand, das ist schon okay!“

0:0 nach 90 Minuten. Mist, ich muss los zu meinem Tischtennistraining, gleich um die Ecke. Heute findet es sogar statt, obwohl die Trainerin sagte, während Olympia bliebe die Halle geschlossen, weil sie alle Wettkämpfe verfolgen wolle.

Dinah war schon da, mit Radio und Ohrstöpseln. „Fangt ruhig schon an, gerade hat die Verlängerung begonnen.“ Die zierliche Person ist über 90 Jahre alt. Früher war sie Landesmeisterin im Tischtennis, ihr Mann sogar Südamerikameister. Den kleinen Ball sieht sie nicht mehr. „Ich trainiere nach Gehör“, sagte sie verschmitzt bei meinem ersten Training. Jetzt kommentierte sie das Elfmeterschießen. Nach Brasiliens Niederlage war der Tag für sie gelaufen: „Ich nehme heute einen Bus früher. Nach den Spielen sehen wir uns wieder.“

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