■ LinsenSoufflé: Ein Dauerarbeitsplatz für Manfred Lehmann
Man sollte seine Vorteile nutzen und den Horizont erweitern
Clint Eastwood
Neulich war ich mal wieder auf einer Pressvorführung. Neben kostenlosen Erfrischungen haben Pressevorführungen den kapitalen Vorteil, daß die dem Fachpublikum vorzustellenden Filme meist in der Originalfassung gezeigt werden. Freilich hat dieser Umstand zur Folge, daß KritikerIn und NormalzuschauerIn am Ende von gründlich verschiedenen Werken reden. Hiesigen Synchronisatoren nämlich scheint strengstens auferlegt, Wortspiele und sprachlichen Witz tunlichst auszumerzen. Nur so wäre zu erklären, daß aus Fred Feuersteins Sekretärin „Sharon Stone“ in der rabiat eingedeutschten Version der „Flintstones“ eine bedeutungslose „Kiesela Stein“ wurde.
Einer der Vorzüge, in der westlichsten Provinz beheimatet zu sein, besteht ohne Frage darin, binnen kurzem die Staatsgrenze überschreiten und das niederländische Laissez-faire genießen zu können. Wann immer es sich einrichten läßt, wird der Ausflug ins Nachbarland mit einem Kinobesuch verbunden. Dort drüben ist es vornehmer Brauch, ausländische Lichtspiele zu untertiteln. Nur Kinderfilme werden synchronisiert. Überhaupt kann der deutsche Besucher über die dort zu beobachtende Aufgeschlossenheit gegenüber fremden Idiomen nur staunen. Wie selbstverständlich beinhalten die Feuilletons der Tageszeitungen Rezensionen englischsprachiger Bücher. Die Presse informiert über ausländische Fernsehprogramme ebenso ausführlich wie über die einheimischen. Mehr noch: ModeratorInnen und Talkshow- GastgeberInnen führen Interviews in der Sprache ihrer Gäste; bei aufgezeichneten Sendungen erfolgt die Übersetzung via Schrifteinblendung.
Vielleicht sind es SchülerInnen dieses ragenden Pädagogen, die Dialoge angelsächsischer Abkunft gern eins zu eins und wortwörtlich übersetzen, was zu goldigen Schöpfungen führt wie „Was willst du haben für nichts?“ oder „Bei allem schuldigen Respekt...“
Sofern Sie nicht zu den fanatischen Anhängern der Fernsehserie „Ein Schloß am Wörthersee“ gehören respektive Filme wie „Die Rückkehr der Wildgänse“ oder „Casablanca Express“ goutieren, wird Ihnen der Name Manfred Lehmann kein Begriff sein. Seine Stimme aber kennen Sie, denn dieser Mensch synchronisiert von der Rasierwasserreklame über Stöpselfilme bis hin zu Bruce Willis reinweg alles, was man ihm unterschiebt. Und das ist nach meinem Dafürhalten zuviel. Könnte sich nicht irgendein Besetzungschef erbarmen und Lehmann langfristig für eine x-beliebige Fernsehserie buchen? Damit der Mann endlich mal aus den Synchronstudios rauskommt. Gleiches gilt für jene mir namentlich nicht bekannte Dame, die ihre Stimme einst Maggie O'Connell aus „Ausgerechnet Alaska“ lieh, mittlerweile aber auch schon in jedem zweiten Kinofilm zu hören ist. Muß ja nicht sein. Jungmimen! Eleven! Nachgewachsene! Wehrt Euch gegen diese Monopolisierung der Synchronjobs! Allein schon, weil Bruce Willis eine viel schönere Stimme hat als der katarrhalisch schnarrende Manfred Lehmann... Harald Keller
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