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■ Linsen SouffléBalzende Passanten. Unverständliche Pointen.

„Wenn alle solche Filme machen wollten wie ich, dann wäre das der Tod des Kinos.“Alain Resnais

Es ist ein schmutziges Thema, aber jemand muß es mal ansprechen: Die Menschheit paart sich wieder. Und zwar ganz und gar unabhängig vom witterungsbedingten Zwicken der Hormone. Nehmen wir mal das Kino als Spiegel gesamtgesellschaftlicher Befindlichkeit, betrachten wir die deutschen Komödien der letzten Wochen: Alles strebt zu- und wuchtet sich aufeinander und macht nicht einmal vor der Ehe halt. Natürlich gehören romantische Verstrickungen, das ganze Herz-Schmerz-Gerangel, so originär zum Kino wie Stuntmen und Spezialeffekte. Aber war nicht weiland der Illusionscharakter doch klarer zu erkennen? Wenn Ginger Rogers und Fred Astaire in unvergleichlich eleganter Manier recht sorglos und durchaus schicklich miteinander balzten, geschah dies in prunkenden Dekors, die kein Mensch mit der Realität verwechselt hätte.

Fatale Bewandtnis hat es ebenso mit den immer mehr sich ausweitenden Referenzsystemen des Mediums Film. Wenn die Herren Zucker/ Abrahams/ Zucker in wechselnder Besetzung die noch halbwegs erinnerlichen Publikumsrenner der letzten Monate persiflieren, mag das halbwegs angehen. Sobald jedoch andere Koordinaten der Populärkultur ins Spiel kommen und diese auch noch zurückliegenden Epochen entnommen wurden, hapert's dann schon mal mit der Bedeutungszuweisung, und die von ausgekochten Autoren ausgeheckten kognitiven Aspekte sind, mit Bob Dylan zu sprechen, restlos in den Wind gepfiffen.

Aktuelles Beispiel: „Wayne's World 2“. Eine Komödie, gespickt mit cleveren Gags, die allerdings vom hiesigen Durchschnittspublikum – der Kolumnist nimmt sich nicht aus – kaum zu dekodieren waren, weil sie sich unter anderem auf die US-Musikbranche (Michael Jacksons Ex- Manager Frank Dileo in der Rolle eines Labelchefs), auf Fernsehserien und Filme aus den sechziger Jahren bezogen. Penelope Spheeris hatte mit „Die Beverly Hillbillies sind los!“ wohl ähnliches im Sinn, beließ es aber beim puren Zitat. Der Kurzauftritt von Buddy Ebsen als Privatdetektiv „Barnaby Jones“ gab keinen Lacher her, selbst wenn man wußte, daß der zerknautschte Ermittler von 1973 bis 1980 Titelheld einer Fernsehserie war.

Zurück zu den Dingen, die uns wirklich in Atem halten. Jeremy Irons hat den zuständigen Produzenten schriftlich gegeben, für den vom abwesenden Herrn Wegmann und mir sehnlichst erwarteten dritten Teil von „Stirb langsam“ als Bösewicht zur Verfügung zu stehen. Das mindert die Vorfreude beträchtlich. Mein Top-Favorit wäre, da der vortreffliche Alan Rickman ja bereits in Teil 1 sein Bestes gegeben hat, der auch stets beeindruckende Lance Henriksen gewesen (wer wagt's und widmet diesen beiden Giganten eine Eloge? Eine Retrospektive? Einen Bildband?). Was meinen Sie dazu, Publikum? Schreiben Sie auf eine Postkarte, wer Ihrem ursprünglichen Empfinden nach Bruce Willis besser hätte Kontra geben können als der ausgemergelte Brite, und schicken Sie sie noch heute an die taz-Kinoredaktion. Harald Keller

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