■ Linsen Soufflé: Scheußlichkeiten auf der langen Liste der Remakes
Da hat sich Hollywood – wegen permanenter Abwesenheit von Fantasie – wieder mal ein paar nette Gemeinheiten einfallen lassen, um die Cineasten der Welt zu quälen. Bei der groß angelegten und perfekt durchorganisierten Folterei werden auch japanische Heiligtümer niedergewalzt. Zwar diente Akira Kurosawas Meisterwerk „Yojimbo“ auch schon Sergio Leone als Vorlage für seinen Spaghettiwestern „Für eine Handvoll Dollar“, aber das war in Ordnung, weil gut gemacht. Bei Walter Hill, der zuletzt mit seinem klebrigen Indianermärchen „Geronimo“ unangenehm langweilte und der gerade dabei ist, „Wild Bill“ auf der Leinwand zu begraben, dürfte die Sache etwas anders liegen. Wild Hill kündigte nämlich großspurig an, er sei sich noch nicht so ganz sicher, ob er aus „Yojimbo“ ein modernes Actionspektakel in einer gesetzlosen Welt oder doch lieber ein Kostümdrama machen solle. Was für eine Alternative!
Aber es gibt noch eine Menge mehr Scheußlichkeiten auf der langen Liste der Remakes. Hier eine Auswahl: Andy Garcia wird den Titelhelden in der siebenhundertsten Verfilmung von „Zorro“ geben; „Der scharlachrote Buchstabe“ kommt wieder, diesmal mit Demi Moore; John Dahl wird „When She Was Good“ inszenieren, ein Remake des Marilyn- Monroe-Klassikers „Niagara“; „Robinson Crusoe“ wird heuer von dem neuen James Bond Pierce Brosnan gespielt; die Geschichte der legendären „Mata Hari“ wird auch noch mal verbraten, und zwar von Robert Altman, zweifellos ein Könner, aber die Hauptrolle soll – festhalten! – Ute Lemper übernehmen.
Während diese ganze Wiederkäuerei schon schlimm genug ist, dürfte auch sonst anno 1995 nicht viel Gutes über den großen Teich herüberschwappen. Oder was soll man davon halten, wenn sie von der schlechtesten Stephen-King- Adaption „Der Rasenmähermann“ einen zweiten Teil drehen; wenn Hupfdohle Patrick Swayze als Beatnik in Martha Coolidges 50er-Jahre-Drama „Three Wishes“ vor die Kamera tritt; wenn Sharon Stone in Martin Scorseses „Casino“ ausgerechnet die Ehefrau von Robert De Niro zu mimen versucht oder wenn Lockenköpfchen Nicole Kidman im neuen „Batman“ (Val Kilmera steigt diesmal ins Kostüm des schwarzen Flattermax) die Rolle der Schizophreniespezialistin Dr. Meridian Chase übernimmt.
Doch viel schlimmer noch trifft uns die Nachricht, daß sie David Cronenberg vom Regiestuhl von „American Psycho“ gekickt haben. Jetzt soll der 27jährige Rob Weiss aus Bret Easton Ellis Skandalbuch über den Yuppie als Serienkiller ein Lichtspiel machen. Der dusselige Weiss kündigte auch prompt an, daß die ultrabrutalen Szenen der Vorlage keinesfalls zu sehen sein werden, er möchte aus dem Wall-Street- Horror „eine Satire“ machen. Zu dieser Nachricht aus der Magermilchbranche paßt diese: Das amerikanische „Film Advisory Board“ hat das Remake von Lassie mit seinem „Award of Excellence“ ausgezeichnet. Die Organisation bezeichnet den Film als „aufregend und faszinierend für alle Altersstufen“. Außerdem zeige „Lassie“ ein „realitätsbezogenes, authentisches Familienbild“. Gute Nacht, Hollywood! Karl Wegmann
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