■ Linsen Soufflé: Seniorensex und eine schwedische Schrankwand
Clint Eastwood ist laut der renommierten US-Meinungsumfrage „Harris Poll“ der Filmstar Nummer eins in Nordamerika. 64 Jahre alt und immer noch ein Sex- Symbol. Hut ab! Doch der Trend geht sowieso eindeutig zum Seniorensex, denn auf Platz zwei steht einer, der ist noch älter: John Wayne, Friede seiner Asche. Knackarsch Mel Gibson, im letzten Jahr noch auf einem enttäuschenden fünften Rang, hat sich heuer auf Platz drei hochgewurschtelt. Harrison Ford und Tom Hanks belegen die Positionen vier und fünf. Mächtig abgesackt sind dagegen Tom Cruise, Arnie Schwarzenegger, Burt Reynolds (wer zum Teufel ist Burt Reynolds?), und auch Jack Nicholson will (fast) kein Schwein mehr sehen. Und Bruce Willis, was ist mit Bruce Willis?
Der Mann hat fast keine Haare mehr, den kann man doch nicht so einfach fallen lassen. Doch, kann man, Daumen runter für Willis, laßt die Löwen los. Hat er sich selbst eingebrockt. Was rennt er auch splitterfasernackt durch die Kulissen von „Color of Night“, rammelt wie ein Karnickel und läßt sonst nur warme Luft ab. Der Mann ist erledigt, es sei denn, sein neuer Einsatz als Cop John McClane macht aus ihm ein Stehaufmännchen. Der Streifen ist abgedreht und kommt im Sommer in die Kinos. Immerhin 15 Mio. Dollar Gage konnte Willis für „Stirb langsam III“ herausschlagen (das war vor der oben erwähnten Umfrage). Die Story des Krawum!-Sequels ist unglaublich originell: Ein irrer Bombenleger ist unterwegs, und Willis muß ihn fangen. Tja, das hatten wir im vergangenen Jahr schon ein paarmal, ob Willis damit über seinen nackten Arsch den Grauschleier des Vergessens hängen kann, ist dann doch ein klitzekleines bißchen fraglich. Der irre Bomber wird übrigens von dem durchaus bewunderungswürdigen Jeremy Irons gegeben. Armer Irons. Übrigens Bombenleger, der Bombenleger-Killer Keanu Reeves wird gerade systematisch zum Action-Star aufgebaut, obwohl er ja lieber „ernsthafte Rollen“ spielen möchte. Naja, Sachzwänge. Reeves wird also in „Hardwired“ einen Mann spielen, der etwa im Kopf hat. Und zwar einen Microchip. Der gehört auch dorthin, denn wir befinden uns in einem Sci-fi-Film, nach einer Kurzgeschichte („Johnny Mnemonic“) des Kultautors William Gibson. Reeves spielt einen Datenkurier, der in einer computerisierten Welt wichtige Infos hin und her trägt.
Die letzte Information ist etwas brisant, Mafia-Kram oder so. Ein Hitman, dargestellt von der schwedischen Schrankwand Dolph Lundgren, heftet sich an seine Fersen. Die Information, ob das alles denn gutgehen kann, können wir im Mai an der Kinokasse käuflich erwerben. Der Mann, der Keanu Reeves auf die Action-Schiene gesetzt hat, ist Jan De Bont. Der sympathische Holländer hat gerade „Godzilla“ in Arbeit, doch es gibt Probleme. Die Kosten laufen völlig aus dem Ruder und haben schon die 100-Mio.-Dollar-Grenze überschritten. Sony geht der Arsch auf Grundeis. Der „Speed“-Regisseur bleibt cool. Kann er auch. Andere Studios halten Ausweichprojekte für ihn bereit. Aber wir wollen den grünen Riesen. Bitte, De Bont, mach uns den Godzilla. Karl Wegmann
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