piwik no script img

■ Linsen SouffléGeschüttelt, nicht gerührt!

Begeisterte Filmfans sind der schlimmste Alptraum der Aufnahmeleiter. Die Gestreßten lassen sich dann auch mehr oder weniger originelle Tricks einfallen, um das zukünftige Publikum vom Set fernzuhalten. Auf einem Schild, das 1988 während eines Drehs im Café Luxembourg in New York aufgestellt wurde, war zum Beispiel zu lesen: „Wir drehen hier den Film ,Harry und Sally‘. Es spielen keine Stars mit, und Sie können leider auch nicht mitspielen. Danke. Demnächst in Ihrem Kino.“ So leicht lassen sich britische Fans nicht beeindrucken. Die alte Rolls-Royce-Fabrik in Leavesden, 50 Kilometer von London entfernt, in der noch bis Anfang der 90er Jahre Kriegshubschrauber für die britische Armee hergestellt wurden, ist seit Mitte Januar weiträumig abgesperrt. Grund: Start der Dreharbeiten zum 17. offiziellen James- Bond-Film, „Goldeneye“. Die neue Doppelnull heißt Pierce Brosnan. Der 41jährige Ire ist Bond Nr. 5, und obwohl er von Regisseur Martin Campbell als „der Bond des 21. Jahrhunderts“ verkauft wird, ist er natürlich völlig unakzeptabel. Aber das waren sie alle, bis auf Sean Connery. Der Mann war James Bond, ist James Bond und wird immer James Bond bleiben, da können sie uns in der längsten und erfolgreichsten Filmserie der Kinogeschichte noch so viele hohlwangige Dressmen vorsetzen, an dem großen alten Schotten kommt keiner vorbei. Das weiß auch Brosnan, Connery ist sein großes Vorbild, trotzdem war er immer scharf auf den Geheimdienst Ihrer Majestät: „Seit ich vor sechs Jahren schon einmal im Gespräch für diese Rolle war, wurde ich immer wieder darauf angesprochen. Ich dachte schon, daß auf meinem Grabstein einmal stehen würde: ,Hier ruht Pierce Brosnan, der nie James Bond war.‘“ Was für ein entzückender Gedanke. Allein, es hat nicht sollen sein. Jetzt bekommt er also die Wodka-Martinis (geschüttelt, nicht gerührt), die neuesten Spielzeuge von Q (der inzwischen 80jährige Desmond Llewelyn ist auch wieder dabei) und die tollen Frauen, die ihm in „Goldeneye“ in Puerto Rico, Monaco, in der Schweiz und in St. Petersburg zu Füßen liegen. Die Geschichte selbst ist ziemlich Banane: Der Ex-Sowjetgeneral Ourumov, gespielt von unseremGottfried John (der mit dem Riesenzinken), möchte mal eben die Macht im Kreml haben, zu diesem Zweck hat er erst einmal die Kontrolle über den atomaren Killersatelliten „Goldeneye“ übernommen. James Bond wird losgeschickt, um den Putsch zu vereiteln, das neue Rußland und die ganze freie Welt zu retten, jede Menge Bösewichter umzunieten, haufenweise Frauen flachzulegen usw. usf. Auf die Frage nach neuen Elementen in „Goldeneye“ antwortet Regisseur Campbell, er wolle wieder die humorvolle Seite von 007 betonen, und Brosnan möchte „neue Akzente setzen“, was immer das heißt.

Und was sagt der wahre James Bond zu dem ganzen Theater? Nun, Sean Connery gab Brosnan den Tip, sich zunächst einen guten Anwalt zuzulegen, als Autor für neue Bond-Geschichten empfahl er Quentin Tarantino, der wäre der einzige, der frischen Wind in den britischen Geheimdienst blasen könnte. Eine wunderbare Vorstellung, John Travolta als 007! Karl Wegmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen