■ Linsen Soufflé: Religiöse Kultgebäude und Beziehungskisten
Da hat es doch Madonna gerade geschafft, Argentinien gegen sich aufzubringen und jede Menge Reklame für sich und „Evita“ zu machen, schon landet sie einen neuen Coup. Das ganze Filmteam reiste für weitere Aufnahmen nach Ungarn, das Bad-girl-Image der Popdiva schien wieder etwas abzublättern, und die Klatschpresse konnte nur darauf hoffen, daß sie es endlich schaffen würde, ihren Filmpartner Antonio Banderas herumzukriegen.
Gedreht werden sollte in der aus dem 19. Jahrhundert stammenden St. Istvan Basilika, und zwar eine historische Begegnung zwischen Evita Peron und dem Papst. Es wurden ein paar Palmen herangekarrt, damit der Drehort etwas südamerikanischer aussah, dann sollte es losgehen. Ging aber nicht! Das erzbischöfliche Sekretariat sagte nein und verbot die Aufnahmen in der Basilika. Gedreht werden durfte lediglich auf dem Platz vor der Kirche. Ein Skandälchen. Doch die deutsche „Katholische Nachrichten Agentur“ (KNA) machte sich gleich daran, die Sache etwas aufzublasen, und verbreitet folgende Meldung, die auch anstandslos von einigen Zeitungen übernommen wurde: „Die ungarischen Bischöfe haben die Ausstrahlung des Films ,Evita‘ mit Madonna in der Hauptrolle in der katholischen Kathedrale von Budapest verboten. Dabei lehnten die Bischöfe nicht den Popstar ab, sondern wendeten sich grundsätzlich gegen Filmvorführungen in religiösen Kultgebäuden.“ Da sage noch einer, die Katholiken haben keinen Humor!
Apropos Klatsch: Bei der Oscar-Verleihung konnte es jeder sehen: Quentin Tarantino und Mira Sorvino haben was miteinander. Die beiden gaben sich total verknallt, hielten Händchen und trennten sich nur, damit Mira ihren Oscar für die beste Nebendarstellerin (in „Mighty Aphrodite“) abholen konnte. Übrigens hat die neugegründete Produktionsgesellschaft Expletive Entertainment die Rechte an Tarantinos erstem Drehbuch, „My Best Friend's Birthday“, erworben, das dieser zusammen mit Craig Hamann Mitte der achtziger Jahre verfaßte. Hamann und „Pulp Fiction“-Ko-Autor Roger Avary, der auch die Regie übernehmen soll, schreiben das Skript derzeit um.
Es geht um zwei befreundete Radio-DJs, deren Geburtstagsparty dank Zuhältern, Huren, Mafiosi und Cops im totalen Chaos endet. Das ganze ist im Stil einer Screwball-Comedy erzählt und hat mit Tarantinos späteren Arbeiten wenig zu tun. Warten wir ab, nach „Four Rooms“ kann es nur besser werden.
Zum Schluß nocht etwas zum europäischen Kino, speziell zum britischen. Nach einer neuen Branchenerhebung hat sich die Anzahl der britischen Kinogänger, die mindestens einmal pro Monat ins Kino gehen, seit 1984 verdreifacht: von 2,6 Millionen auf 7,9 Millionen (1995). 15 Prozent der Gesamtbevölkerung gehen regelmäßig ins Kino. Die besonders begeisterten Kinogänger sind in zwei Altersgruppen zu finden: die zehn- bis elfjährigen und die über 35jährigen. Da ist es kein Wunder, daß die „Kleine Morde unter Freunden“-Crew wieder einen Treffer landen konnte. Die pechschwarze Komödie „Trainspotting“ von Danny Boyle über Junkies in Edingburgh verwies am Starwochenende in England selbst US-Hits wie „Casino“ oder „Sinn und Sinnlichkeit“ auf die Plätze.
Bei uns ist der böse Spaß leider erst ab dem 19. September zu sehen. Müssen wir halt erst einmal weiter mit Katja Riemann und ihren Beziehungskisten vorliebnehmen. Karl Wegmann
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