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Linke stellt Berliner Landesliste aufDie Partei steht hinter Gysi

Mit deutlichem Ergebnis wurde Gregor Gysi zum Berliner Linken-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl gewählt. Die Stasi-Vorwürfe gegen ihn wies er erneut als Kampagne zurück.

Zumindest von seiner Partei kriegt er noch Zuneigung: Gregor Gysi mit Katja Kipping am Samstag in Berlin. Bild: dpa

BERLIN dpa | Der wegen Stasi-Vorwürfen unter Druck geratene Linksfraktionschef Gregor Gysi hat klare Rückendeckung von seinem Heimatverband bekommen. Die Berliner Linke wählte ihn am Samstag mit 94 Prozent der Stimmen zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl. Der 65-Jährige hatte die gegen ihn gerichteten Stasi-Vorwürfe zuvor als Kampagne gegen seine Partei bewertet. Er habe jetzt keine Illusionen mehr über seine politischen Gegner, sagte Gysi auf dem Parteitag. „Ich weiß, dass sie daran arbeiten, uns unter die Fünf-Prozent-Hürde zu drücken. Sie werden es nicht schaffen.“

Die Vorwürfe wies Gysi erneut zurück: „Abgesehen von ein paar dienstlichen Kontakten hat es nie eine inoffizielle Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit gegeben.“ Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt gegen den 65-Jährigen wegen des Vorwurfs einer falschen eidesstattlichen Versicherung zu seinen Stasi-Kontakten. Gysis Gegner werfen ihm vor, als Anwalt in der DDR mit der Stasi zusammengearbeitet und Mandanten verraten zu haben.

Die Bundesvorsitzende Katja Kipping versprach, die Linke werde sich weiter „wie keine andere Partei“ für die Interessen der Ostdeutschen stark machen. Noch immer gebe es eine „Ost-Diskriminierung“ bei Löhnen und Rente. Sie forderte den Landesverband zu Rückendeckung für Gysi auf. Die Delegierten sollten „in Zeiten wie diesen ein besonders deutliches Zeichen setzen, dass die Partei geschlossen hinter Gregor Gysi steht“.

Gysi bezeichnete die Linke im Bundestag als Störenfried. „Ohne die Linke fehlt dem demokratischen Spektrum im Bundestag ein ganz wichtiges Glied“, sagte er und erntete für seine Rede minutenlangen Applaus. Der Rechtsanwalt und frühere PDS-Chef sitzt seit 1990 im Bundestag und gehörte ihm nur zwischen 2002 und 2005 nicht an, als er sich aus der Bundespolitik zurückgezogen hatte.

Pau und Lötzsch mit guten Listenplätzen

Auf Platz zwei und drei der Liste für die Bundestagswahl wählten die Linken Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau und die Ex-Parteichefin Gesine Lötzsch. Beide betonten, sie wollten auch wieder Direktmandate gewinnen. Die Direktmandate in Berlin sind für die Linke traditionell besonders wichtig. So waren Pau und Lötzsch 2002 nach dem Sieg in ihren Wahlkreisen in den Bundestag eingezogen, obwohl die Partei an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war.

Eine Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft bestätigte unterdessen der Nachrichtenagentur dpa, dass derselbe pensionierte Jurist, der im Mai 2012 Gysi anzeigte, auch gegen einen früheren Stasi-Major Anzeige erstattet habe. Die eidesstattliche Versicherung, um die es in dem Fall gehe, liege aber noch nicht vor – deshalb sei dies bislang nur ein Vorermittlungsverfahren.

Zunächst hatte das Magazin Focus berichtet, es gehe um den Verdacht, der Ex-Stasi-Mann könnte in einem früheren Gerichtsverfahren eine falsche eidesstattliche Erklärung zugunsten von Gysi abgegeben haben.

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6 Kommentare

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  • L
    Lena

    Zu den jüngsten Stasi-Vorwürfen gegen Gysi steht ein interessanter Artikel im Stern, der ihn vollständig entlastet.

     

    Gysi hat recht: CDU/CSU,FDP, SPD und B 90/DIE GRÜNEN machen im Grunde alle dieselbe neoliberale arbeitnehmerInnen- und Arbeitslosenfeindliche Politik. Sie dienen leider nur den reichen Banken- und Arbeitgeberlobbys, das sieht man an ihrem Abstimmungsverhalten im Bundestag.

     

    Allerdings ist die Linke schwach im kontakt zu Bürgerinitiativen. Man muss den Bundestagsabgeordneten ewig hinterher laufen, bis sie sich mal Zeit für die Basis nehmen. Das ist wie bei den Grünen, die allerdings noch arroganter und abgehobener sind.

     

    "Gysi bezeichnete die Linke im Bundestag als Störenfried. „Ohne die Linke fehlt dem demokratischen Spektrum im Bundestag ein ganz wichtiges Glied“

  • BG
    Bernd Goldammer

    Wie mag sich Gysi fühlen? Zu Ostzeiten wurde er von der DDR-Staatssicherheit beobachtet und gleich nach der Wende hatte er die BRD-Verfassungsschutz-Spitzel an den Fersen. Zu DDR Zeiten nannten es die Mächtigen im Lande „rechtsstaatlich“ und auch jetzt schämt sich kein Gesinnungs-Spitzel. Die permanente und peinliche Verfolgungsjagd gegen Gysi denunziert sich inzwischen von selbst. Es reift die Erkenntnis: So geht die politische Mehrheit mit der Minderheit im Rechtsstaat um. Kürzlich sah ich in der ARD Sendung Zapp wie journalistischen "Edelfedern" des Landes fast den Tränen nah waren. Weil sich dieser Gysi jedes Mal gerichtlich wehrt, wenn sie ihn in die Wade beißen. Kein Fernsehjournalist hatte es drauf, seinen "tollen" Kollegen zu erklären, dass Gysi zwar klagt, Urteile aber werden in Deutschland immer noch von Richtern gesprochen. Oder ? Zurückgepfiffen wurden bisher immer nur die, die ihre Behauptungen nicht beweisen konnten. Jetzt mal ganz im Ernst: Der kalte Krieg ist seit Jahrzehnten vorbei. Die Deutschen haben ein Recht auf eine vernünftige aktuelle Politik, die das Land im Innersten zusammenhält. Außenpolitisch dürfen wir uns nicht in jeden Krieg reinhängen. Auch jetzt wird an der türkisch-syrischen Grenze ein Krieg vorbereitet. Die syrische Gegenregierung wird in Deutschland bereits aufgebaut und ausgehalten, hier an der Grenze könnte der erwünschte NATO-Bündnisfall dann rasch provoziert werden. Die Linke macht das in ihren Bundestagsreden ziemlich kompetent deutlich und deshalb muss sie weg. Die blutbesudelte Stasi-Keule wird gezückt! Das Gequatsche der selbsternannten „Bürgerrecht(s)ler “ zu Vorwahlzeiten ist voll darauf angelegt, die Linken aus dem Bundestag herauszuhalten. Genau das lässt schlimmste Befürchtungen wieder hochkommen. Als die Linken das letzte Mal keine Fraktion im Bundestag hatten kam nämlich Harz IV. Was haben die Strippenzieher hinter den Kulissen nach den nächsten Bundestagswahlen vor? Legt doch endlich die Karten auf den Tisch.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Ach, die taz berichtet doch noch über die Vorwürfe gegen Gysi? Wer hätte das -jetzt noch- erwartet....

  • TB
    Thorsten Büchner

    Würde mich mal interessieren, warum Extremisten immer so an Verschwörungstheorien hängen. Wahrscheinlich formuliert die Linkspartei demnächst auch "Elvis lebt" und "Paul is dead" als Glaubenssätze. Bei mir im Pennymarkt ist übrigens immer das Pesto Calabrese ausverkauft. Da steckt jedenfalls eher eine Verschwörung dahinter als hinter den Ermittlungen gegen Gysi.

  • H
    Holger

    Ja, genau, Gysi ist ganz dolle unschuldig, alles nur eine Kampagne der bösen Rechten und der ebenso bösen gleichgeschalteten Medien. Nur die taz berichtet wahrhaft unabhängig.

     

    Gysi ist das letzte Relikt der letzten Diktatur auf deutschem Boden - seine Verachtung für das Grundgesetz,für Freiheit und Menschenrechte hat er oft genug zum Ausdruck gebracht. Er gehört aus der Politik entfernt und für seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Den Haag verurteilt.

  • LH
    Lügen haben immer kürzere Beine

    Mir ist egal wer hinter gysi steht. Linkspartei, die taz oder sonstwer. Mich interessiert ob er gelogen hat. Im Übrigen unterstützt ihr seine schmutzigen kleinen tricks wie erlogene Gerüchte in die Welt streuen. Inzwischen muß man sich bei Springen Iformationen holen: http://www.welt.de/politik/deutschland/article113809550/Gysi-setzt-verleumderisches-Geruecht-in-die-Welt.html

     

    So weit ist es mit der taz schon. Was bringen denn die Anzeigen der Linkspartei denn so im Monat? Lügen haben kurze beine. Dank des Internetts werden sie immer kürzer. Nein, ich zahle schon länger nicht. Zensiert ruhig, es spricht sich inzwischen überall herum.