: „Liebe taz...“Ganz abwegig
Betr.: Berichterstattung über Strukturstreit bei Radio Bremen, taz vom 21.3.
Selbstverständlich kann es sinnvoll sein, daß der Intendant seine Direktoren dem Rundfunkrat vorschlägt. Dafür hat ein Katholik das allergrößte Verständnis, denn jeder Bischof hat bei der Auswahl seines Weihbischofs das gewichtigste Wörtchen mitzureden. Und Streit unter den Oberhirten eines Bistums ist genauso kontraproduktiv wie an der Spitze einer Landesrundfunkanstalt, vor allem dann, wenn an deren Beinen erheblich rumgesägt wird. Nur eines sollte man bei einer derartigen Regelung nicht übersehen: Man beschneidet die Kompetenzen des Rundfunkrats, wenn selbiger nur noch die Direktoren von Intendanten Gnaden abnicken darf. Und noch etwas: Ist der Intendant eine Flasche, was der HERR verhüten möge – dann wird er – analog des Hangs der ollen Germanen, den schwächsten zu ihrem Herzog zu wählen – ich hoffe, dieser Vergleich ist gestattet – nicht gerade Figuren zu seinen Direktoren vorschlagen, die ihm mehr als das Wasser reichen können. Eher im Gegenteil.
Ganz abwegig würde ich es jedoch finden, wenn – wie gemunkelt wird – erwähnter Parlamentsausschuß einen der drei Direktoren einsparen wollen würde. Denn das müßte wohl daraus hinauslaufen, den Verwaltungsdirektor als Sparopfer auf dem Altar der ARD darzubringen. Das wäre aber in meinen Augen das falscheste Signal, das man in der augenblicklichen Lage der ARD senden könnte, würde man doch genau den Direktor einsparen, dessen Aufgabe es ist, den Finanzausgleich zu verhandeln. Und ohne den ist Radio Bremen sowieso am Ende. Ein subalterner Beamter würde jedoch in den Reihen der Verwaltungsdirektoren aller anderen ARD-Sender nicht nur nicht für voll genommen, sondern wohl als lebender Beweis einer Kapitulation des Senders gegenüber den Forderungen nach Wegfall des Finanzausgleichs und damit des nahenden Endes von Radio Bremen angesehen werden.
Wilhelm Tacke,
Mitglied des Rundfunkrates von Radio Bremen
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