piwik no script img

„Liebe taz...“ Was tun bei Zwangstherapie?

Betr.: „CDUler fordert Räume und Therapie für Drogis“, taz Bremen vom 25.10.99

Nach dem Interview mit dem CDU-Abgeordneten Claas Rohmeyer in der taz bremen vom 25.10. möchte ich Herrn Rohmeyer fragen, was an seinen Äußerungen denn neu, beziehungsweise eine „neue Drogenpolitik“ sein soll?

Vor nicht einmal zehn Jahren wurden in Bremen und anderen Bundesländern die Wege für die Methadon-Substitution frei gemacht. Wir als Betroffene sind froh, dass wir seidem ein einigermaßen normales Leben führen können, und Herr Rohmeyer stellt dies alles heute in Frage! Ich persönlich kenne die Szene seit 1979 und kann einem Herrn Rohmeyer nur sagen, eine Zwangsentgiftung sowie andere Maßnahmen in diese Richtung wären Sprengstoff für die deutsche Drogenszene! Bevor Politiker neue Möglichkeiten auf den Weg bringen, in Richtung Heroinvergabe u.s.w., sollten sie erst einmal lernen, mit Drogensüchtigen menschenwürdig umzugehen!

Als Betroffener möchte ich Herrn Rohmeyer sagen, die Drogensucht ist ein Teil von mir, ein Teil meines Lebens!! Diese kann man nicht so einfach durch Zwangsmaßnahmen vernichten! Zum Hintergrund leerer Kassen frage ich mich: Warum sind Behandlungsmöglichkeiten in Deutschland immer so teuer? Warum verlangt unser Staat für Methadon bzw. Polamidon Mehrwertsteuer? Die Methadon-Ausgabe in den Niederlanden zum Beispiel trägt sich fast von selbst (Kosten pro Klient 25 Mark im Monat).

Eine letzte Frage an Herrn Rohmeyer: Seit mehreren Jahren werde ich erfolgreich mit einer kleinen Dosis Polamidon täglich substituiert. Mein Arbeitgeber hat mit Wissen um meine Vergangenheit in mir eine gute Arbeitskraft gefunden! Was macht mein Chef, wenn ich ihm eines Tages mitteile, dass ich Methadon-Zwangsentgiften muß, mit anschließender Zwangstherapie??

Wilfried Hermann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen