: „Liebe taz...“ Übers Jahr den Kopf verloren?
Betrifft: Das neue Layout der taz-bremen
Dass diese Jahreswende an der taz nicht ganz spurlos vorübergehen würde, konnten auch Freunde der taz vorausahnen, die nur durchschnittliches Gespür für taz-interne Regungen besitzen. Welche Überraschung wurde uns dann aber statt des erwarteten taz-eigenen Jahr-2000-Chaos serviert: ein über mehrere Tage anhaltendes Kopf(zeilen)schütteln, das den Anschein macht, Ihr würdet nach einem neuen „Image“ des Bremer Lokalteils suchen. Selten werden solche Suchbewegungen aber tagtäglich direkt vor den Augen der Betrachter (sprich LeserIn) mittels Trial-and-error-Verfahren vollzogen. (Selbst Schülerzeitungen probieren ja erstmal an Schneidetisch und PC, wie's so oder so aussieht!) Dadurch wird man allerdings als Leser spontan zu grundlegenden Reflexionen angehalten. Welche neue Botschaft enthält die heutige Kopfzeile? Welche Kriterien haben wohl der aktuellen Variante zum Durchbruch verholfen? Soll damit auf geheimnisvolle Weise die Leser-Blatt-Bindung speziell in Bremen gefördert werden, die womöglich durch die nur mäßige Teilnahme der taz-bremen an der „Großen Berliner Abokampagne“ zu erlahmen droht. (Eine Bilanz der Zu- und Abgänge für Bremen während der Kampagne würde mich schon interessieren!) Doch genug der spekulativen Thesen über die internen Gründe der an sich lobenswerten Initiative, dem Auge beim Kauf der taz das Image einer „frischen Ware“ zu suggerieren. Im Folgenden also eine Rückkopplung aus dem Kreise der Empfänger der neuen Kopfzeilenbotschaft:
1. Gut finde ich den Anspruch, mit einer eigenen ganzen Kopfzeile in voller Schriftgröße den Bremer Lokalteil anzukündigen. Das sieht weniger gewurschtelt aus, nicht so nach angehängtem Extrablatt. Der bisher privilegierte Kommentar macht sich auch unten auf der Seite – entsprechend der Bundestaz – ganz gut. Es fehlt allerdings der Haltepunkt fürs Auge: der „Kommentar“ ganz rechts im nur halben roten Balken kann die Orientierungsfunktion nicht so gut erfüllen. 2. Die Tatze links ist mir zu groß im Verhältnis zur Schrift und kommt ohne Impressum wie ein weichgespültes Schmusetier daher – wie soll man da morgens wach werden und sich auf die Jagdergebnisse des gefräßigen taz-Journalismus freuen. Mit Text ist die Größe zwar ok, bleibt aber unausgegoren zwischen schlechter Lesbarkeit des Textes und Verwischung der symbolischen Bedeutung der Tatze hängen. Die Tatze muß die Funktion einer Duftmarke (“hier kommt die taz!“)behalten. Alles andere ist für die Katz'!
3. Zitat des Tages?? Das rechte Ende einer „freien“ Kopfzeile ist mit Sicherheit auch ein Platz, wo das „Bild“ der Seite maßgeblich bestimmt wird. Daher muss (!) das Zitatesammeln als echte (=ernsthafte) Aufgabe aufgefasst werden. Das kann ich bisher nicht erkennen. In der Tendenz beschwören die Zitate eher das Image der Bä-ckerblume herauf als irgendetwas, das mit der taz was zu tun haben könnte. Also weg damit, oder mit erkennbar mehr Köpfchen besser machen, z. B. mit der Idee, den LeserInnen zu zeigen, was taz-MacherInnen über die Welt, bzw. den Unsinn darin, denken. Dafür darf man sich dann auch Berühmtheiten leihen, ansonsten bleiben auch Zitate selbstgemachter Unsinn.
4. Und bitte keine Werbung in der Kopfzeile, das wirkt so bedürftig und kleinkrämerisch. Huch, das ist jetzt aber viel geworden.
Christian Wüst
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