: „Liebe taz...“ Sponsoren für den Lehrplan
Betr.: „Schulen sollen kleine Firmen werden“ taz bremen, vom 12. November
Schöne neue Bildungswelt! Im Zeichen des Neoliberalismus wird die Politik zur erfolgreichsten erklärt, die ihre eigene Abschaffung anstrebt. Nun auch in der Bildungspolitik.
Warum lässt Willi Lemke nicht eine bremische Privat-Schul-Aktiengesellschaft gründen, unter deren Dach die einzelnen vornehmlich am Markt orientierten Profit-Center um die zahlungskräftigsten Schüler(kunden) werben?
Im Qualitätswettbewerb wird dann die Schule gekrönt, die den besten Nachwuchs für die New Economy produziert. Angesagt ist die Ausbildung für die Wertpapier-Welt. Schulbücher brauchen nicht mehr bestellt und gelesen zu werden. Was der moderne Schüler an Bildung braucht, beschert ihm die maschinelle, audiovisuelle Hard- und Software. Die Firmen mit den höchsten Sponsoring-Summen bestimmen die Lehrpläne.
Sehr sicher ist: Sozialdemokratische Bildungspolitiker werden stolz verkünden, dass sie an ihrem alten Motto „Bildung für alle“ festhalten werden, zeitgerecht allerdings im Rahmen eines „Kernbildung Plus“-Systems.
Wer sein Kind mehr lernen lassen will als für die Bedienung des Handys und der Discount-Markt-Kasse nötig, der soll das Plus dann bitte schön selber zahlen. Im Rahmen des Kernzeit-Plus-Modells für die bremischen Kindergärten gibt es bald schon Chancen zum Erkunden der neuen Bildungswelt.
Als Leitbild dient dabei der Kontostand der Eltern. Aber darüber sollen wir – postmodern aufgeklärt – hinwegschauen.
Bei der Gründung der Privat-Uni in Grohn war schon zu ahnen: Uneingeschränkte Solidarität gilt nun auch in der Bildungspolitik – mit allem, was die US-Amerikaner uns bereits an Fortschritt gezeigt haben.
Gerhard Tersteegen
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