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„Liebe taz...“ Reaktionärer Haufen

Betr.: „Durchgeknallter Potentat Scherf“, taz vom 9.2.2000

Dass Bürgermeister Scherf für eine Rede gegen Umwelt- und Naturschutz und gegen Bremens Nachbarn Beifall von den Eiswettern erhielt, war zu erwarten, bilden doch diese Herren einen ganz konservativen bis reaktionären Haufen. Vor einigen Jahren protestierte ein Theaterspektakel vor dem Rathaus gegen Franz-Josef Strauß. War als Hauptredner eingeladen. Mit einer Strauß-Maske mischte ich mich unter die schwarzen Herren, die „Pinguine“, bei der Eiswette am Punkenteich. Und dort mimt nun alljährlich Ralph Bortscheller, fast schon vergessener abschiebefreudiger Innensenator, den Notarius Publikus. Dass sich Henning Scherf so rasant vom Paulus zum Saulus, also zum Liebediener der Bremer Millionäre wandelt, das hat uns im Bremer Friedensforum und der Stiftung für Rüstungskonvention sehr enttäuscht. In der Schrift „Dreißig Jahre Ostermarsch – ein Beitrag zur politischen Kultur“ nannte er sich einen „überzeugten Pazifisten, Kriegsdienstverweigerer und Ostermaschierer der Ersten Stunde“. Er beteiligte sich am Protest gegen das Rekrutengelöbnis im Weserstadion. Heute als „Landesvater“ und Vorsteher einer rot-schwarzen Koalition verleiht er Ordensbänder an Kriegsschiffskapitäne und lässt sich beim Rekrutengelöbnis in der Grohner Kaserne ablichten. Selbst seine Sprache ist militarisiert. Sein Senat und die Bremer Lagerhausgesellschaft haben „aus Defensive eine Offensive gamacht“. Wenn er die BLG als den „größten Container-Umschläger Europas“ lobt, dann auch einen der größten Landschafts- und Mitweltzerstörer. Kommt ein milliardenschwerer Investor, dann sagt Scherf auch ja zur Zerstörung und Versiegelung des Naturschutz- und Erholungsgebietes Holler Land. Und mit dummen Sprüchen über Hechte, Schlammpeitzger, Frösche und „Erfindungen der Ökoleute“ sammelt er Pluspunkte bei den Eiswettkapitalisten.

Ernst Busche

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